Auch leise zurückhaltende Menschen werden geschätzt

Heute wurde in unserem Dorf ein alter Landwirt beerdigt. Es war überwältigend wie viele Menschen zur Beerdigung gekommen sind. Man hatte den Eindruck das ganze Dorf war da. Er war in dem Dorf geboren, hatte sich für das Gemeinwohl engagiert, war dabei aber immer im Hintergrund geblieben. Viele kannten und schätzen ihn. 

Momentan hat man den Eindruck, dass nur die lauten Menschen bemerkt werden, dass man ohne Ellenbogen-Mentalität nur untergehen kann. Man erlebt immer mehr aggressives Verhalten, wird mit Kriegsnachrichten, Attentaten, Katastrophen und wild gewordenen Staatmännern. Die Zeit scheint wie für Diktatoren gemacht. 

Die Leisen und Vernünftigen werden in der medialen Öffentlichkeit nicht bemerkt, so scheint es jedenfalls. Dabei halten die eine Gesellschaft zusammen. Sie polarisieren nicht, sie integrieren. Sie stellen sich nicht nur in den Vordergrund, sie setzen sich sehr häufig ein und machen das still ohne große Worte. 

Das wird durchaus bemerkt und geschätzt - auf jeden Fall im Dorf, d.h. in einer kleinen Gemeinschaft in der man sich noch persönlich kennt, sich sieht und Verhalten auch bewertet. Die Kontrolle ist dadurch noch stärker, aber das bietet auch Verlässlichkeit. Die Gemeinschaft in dieser Gruppe lebt natürlich auch davon, dass diese Menschen sich sehr lange kennen, miteinander aufgewachsen waren und immer vor Ort geblieben sind. Aber auch jüngere, Dazugezogene, die sich auf das Dorf eingelassen hatten, kannten ihn. Also ist es wichtig sich zu engagieren, für die Gemeinschaft einzusetzen, damit man bemerkt und geschätzt wird. Aber er war auch ein freundlicher friedliebender Mensch, das ist eine weitere Zutat, die Wertschätzung diesem Menschen entgegenbringen lässt. 

Mein verstorbener Mann war nicht immer ein friedliebender Mensch, er konnte recht cholerisch und dabei laut werden. Bei seiner Beerdigung waren wir ebenfalls geplättet, wie viele Menschen gekommen waren, vor allem wie viele Schüler von ihm. Das hätte ich nicht erwartet, er hat keinen Konflikt gesucht aber auch keinen Konflikt gescheut. Der wurde ausgetragen, aber er war kompromisfähig und wollte auch für andere Menschen was erreichen. Wahrscheinlich war es das was an ihm geschätzt wurde, dass er fair und engagiert war.

Mein Vater war auch so ein Mensch, der eine eigene Meinung hatte, die er aber niemand aufdrängte, er lies sich aber auch von seiner Meinung nicht abbringen wenn er überzeugt davon war. Er war so wie ich ihn erlebte ein ruhiger Mensch, der keinen Streit suchte, sich für Gerechtigkeit einsetzte, obwohl er wusste dass das eine Illusion ist.

Es sind die leisen Kämpfer, die beharrlich dranbleibenden, die hilfsbereiten, die scheinbar unbemerkten, die das Leben reicher machen und eben doch bemerkt werden, auch wenn keiner lautstark über sie redet. Und es ist tröstlich, dass es solche Menschen heute noch gibt.




 

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