Wann macht man sich Freundschaften?

Als junge Frau, beim Berufseinstieg, machte ich ein Praktikum bei der Fa. IBM, dort kam ich ins Gespräch mit einem älteren Kollegen, der ein sehr interessantes Arbeitsleben hinter sich hatte. Er sagte mir: Wissen Sie Freundschaften macht man sich im Studium, später fast keine mehr.

Natürlich war ich zutiefst entsetzt und fest der Meinung, das stimme nicht, ich sah es als kauzige Meinung eines erfolgreichen White-Collar-Typen. Inzwischen nach bald 30 Jahren im Beruf, glaube ich, dass er nicht unrecht hatte. Freundschaften im Arbeitszusammenhang zu machen ist wirklich schwer. Das mag vorkommen, aber ich glaube die meisten beruflichen Freundschaften sind Zweckfreundschaften, oberflächlich und brüchig. Im Arbeitsleben sind wir alle immer oder zumindest sehr oft in einem Konkurrenzverhältnis. Überall gibt es, sich ständig änderende,  Kräfteverhältnisse und man ist auf der Suche nach Verbündeten und Unterstützern, man versucht seinen Einflussbereich und seine Vasallen zu sichern. Man sonnt sich im Schatten der Erfolgreichen oder man versteckt sich hinter ihnen. Die Macht- und Einflussverhältnisse ändern sich manchmal sehr schnell und man kann selten auf Unterstützung rechnen, wenn man abgeschoben werden soll. Selbst mein Vater sagte immer: Das Leben ist ein Kampf, auch das konnte und wollte ich nicht nachvollziehen. Er meinte damit das Arbeitsleben und das war wohl schon immer so, nicht erst seit heute wird mit harten Bandagen um den eigenen Platz gekämpft.

Kann man im fortgeschrittenen Alter sich dennoch Freunde machen?

Ich glaube schon,  aber nicht über die Arbeit.... das geht nur in konkurrenzfreien Situationen, wenn gemeinsame Interessen und eine ähnliche Lebensweise da sind. Begeisterung für eine Sache kann Menschen zu Freunden machen, kann dazu führen, dass man die Person mit all ihren Fehlern mag und schätzt und dem Wesen der Freundschaft entsprechend, miteinander Zeit verbringen möchte.  Ich glaube Freundschaft wird heute nicht nur in ständiger Präsenz erlebt, sie kann auch, dank der neuen Medien über Entfernungen gepflegt werden, denn nicht immer findet man Gleichgesinnte in der Wohnumgebung. Freundschaft heißt, dass man nicht immer stark sein muss, dass auch bei Schwächen zu einem gehalten wird, man zugehörig ist, so ähnlich wie in einer Familie. Manchmal sind Freundschaftsbande stärker und tragender als Familienbande.

Was allerdings sehr erstaunlich ist, zwar macht man sich nicht unbedingt Freunde in der Arbeit, aber etliche Ehen haben dort ihren Anfang genommen... eine Kontaktbörse in jedweder Form bleibt die Arbeit offensichtlich doch.

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