Immer und überall verbunden - Smartphones lassen uns nie allein sein

Ich ärgere mich immer über meine jugendliche Tochter, bei der das Smartphone an der Hand festgewachsen zu sein scheint. Obwohl ich selbst sehr Technik affin bin, führe ich dennoch einen Kampf mit ihr, um ihr klar zu machen, dass es auch Situationen im Leben gibt, wo es der Anstand gebührt, dass man sein Smartphone auslässt und sich nur auf die Situation oder die Menschen konzentriert, mit denen man zusammen ist. Das ist ein sehr schweres Unterfangen und stößt auf sehr wenig Verständnis. Im Gegenteil ich werde als hoffnungslos altmodisch angesehen und mir wird jegliches Wissen darüber was heute guter Ton ist abgesprochen.

Wir hatten letzte Woche Weihnachtsfeier, in einer Skihütte (Winterdorf in Heilbronn) in der die Musik so laut war, dass man allein nur vom Zuhören heiser wurde und so hatte ich genügend Zeit meine jungen Kolleginnen zu beobachten. Sie verhielten sich tatsächlich genauso wie meine Kleine, auch hier war das Smartphone quasi an der Hand festgewachsen. Ständig musste mal kurz auf das Smartphone geschaut werden, dann wurde schnell getippt oder was gezeigt. Das Smartphone und die darin befindlichen unsichtbaren Personen waren auf dieser Feier mit dabei.

Für mich ist das etwas befremdlich, ich komme aus einer Generation in der man sich mit den Menschen mit denen man aktuell zusammensitzt beschäftigt, man konzentriert sich auf sie. Ablenkungen waren verpönt, das war ungeheuerlich, missachtend dem Gegenüber.

Ich bin abhängig, aber nicht süchtig

Heute ist das anders. Heute scheint es zum guten Ton zu gehören, dass man häufig auf sein Smartphone schaut, kurz mal antworten muss und sich danach erst wieder dem gegenüber zuwendet. Man ist so gesehen nie allein unterwegs, sämtliche Freunde sind mit dabei, aber alle an anderen Orten, man erzählt sich gegenseitig, nervt sich gegenseitig, greift sich heftig verbal an, erzählt sich nettes und schickt Bildchen und Filmchen.

So wie wir uns manchmal in Gesellschaft tödlich langweilen mussten, solange bis es schicklich war, dass man gehen konnte, so etwas scheinen die jungen Menschen von heute nicht zu kennen. Wenn es langweilig wird haben sie ja immer ihr Smartphone, da wird schon was abgehen. Ich glaube sie haben auch ständig das Gefühl was zu verpassen, müssen überall gleichzeitig sein und das geht mit dem Smartphone. Das macht sie teilweise so unruhig, so sprunghaft, so unausgeglichen.

Die Konzentration auf eine Sache, wird nicht mehr so lange aufrecht erhalten. Das Leben wird ständig durch eine Kurznachricht unterbrochen, die Fluchtmöglichkeiten bei unangenehmen Aufgaben sind leichter geworden.

Man verstehe mich nicht falsch, ich liebe die neuen Medien und möchte auch nicht mehr ohne Smartphone sein, nur würde ich mir wünschen, dass das Smartphone auch mal unbeachtet liegen bleiben kann, weil man gerade in Gesellschaft anderer ist.

P.S. Inzwischen holen auch Ältere auf, meine Sitznachbarin im Chor, muss in den kurzen Singpausen auch immer schnell mal schauen was im Smartphone abgeht und heftig eintippen....