Früher - da war ein Studium noch was wert?

naja in meinem Fall ist das nun garnicht so lange her... aber wenn man die Presse verfolgt, dann ist das Abitur nicht mehr so anspruchsvoll wie früher, wenn man den Wunsch der Eltern verfolgt, sollen alle Kinder das Abitur machen... und wenn man in der Arbeit ist, dann haben inzwischen alle ein Studium absolviert.

Als ich jung war, war tatsächlich ein Hauptschulabschluss die Eintrittskarte für viele Berufe. Heute ist er das Abstellgleis. Es ist inzwischen egal, ob man sich für die schulischen Inhalte interessiert oder nicht, zumindest ein Realschul- besser noch ein gymnasialer Abschluss wird angestrebt. Wir hatten die Dreigliederung mit Universität, Fachhochschule und Berufsakademie. Wobei die Berufsakademie im Grunde erst nach meinem Abitur ins Leben gerufen wurde. Es war noch klar, für wen welche Form der weiterführenden Schulen geeignet war. Die Fachhochschulen waren eine sehr gute Grundbildung für eher praktisch veranlagte Menschen und sie haben auch einen hervorragenden Weg in den Betrieben gemacht. Sie waren sehr gut ausgebildet für ihre Aufgaben. Die universitäre Ausbildung sollte eher den wissenschaftlichen Nachwuchs ausbilden, sie war theoretisch, kümmerte sich nicht viel um die praktische Anwendung. Unser Diagnostikprofessor hat uns das regelmäßig in der Vorlesung vorgepredigt: Wer praktisch ausgebildet werden wolle, solle wo anders hingehen. Es gab den Nummerus Clausus, der den Zugang selektierte, aber auch sicherstellte, dass man das Studium beenden konnte. Um an die Berufsakademie zu kommen, musste man auch sehr gute Noten haben und die Berufschancen waren im Grunde am sichersten.

Gleichberechtigung im Studium Studenten, äh, Studierende
sueddeutsche.de
Unser Studium hatte noch genügend Freiheiten, wir konnten uns breit umsehen und hatten Zeit auch nicht verwertbare Vorlesungen und Seminare zu besuchen. Wenn ich das mit dem Studium meines Sohnes vergleiche da liegen Welten dazwischen. Heute scheinen es nur noch Lernmaschinen zu sein, das Leben auszuprobieren dafür scheint kein Platz mehr zu sein.

Und es ist zum Normalzustand geworden ein Studium absoviert zu haben. Wobei eine bunte Durchmischung stattgefunden hat. Die Fachhochschulen sind zu Hochschulen geworden, promovieren möchten inzwischen alle "Hochschüler" und Berufsakademieabsolventen, Hauptsache man hat einen Doktortitel. Das ist so wichtig geworden, braucht man es wirklich? Bei uns promovierten nur die Naturwissenschaftler, die anders keine gute Anstellung bekamen oder die Studenten, die eine wissenschaftliche Karriere machen wollten.

Genauso verhielt es sich mit Auslandsaufenthalten. Es gab nicht viele die Erfahrungen im Ausland machten. Ich ging nach dem Abitur nach Frankreich als Aupair, aber auch nur, weil ich auf den Studienplatz warten mußte. Mein Mann ging während des Studiums nach Wien, sowas machten wenige. Bei uns Psychologen gab es nur ein Päarchen, das für ein Studiensemester nach Amerika ging. Heute gehört das zum Standard, ins Ausland gehen ist nichts besonderes mehr, im Gegenteil, wehe dem der es nicht macht und Karriere machen möchte.


Auch ist das Leben der jungen Akademiker so unsteht geworden - so gar nicht Familienkompatibel. Da helfen wahrscheinlich auch Erziehungszeiten für beide Elternteile wenig, wenn die Eltern in unterschiedlichen Städten wohnen. Aber das fing bereits bei uns an als wir ins Arbeitsleben starteten. Mein Mann und ich hatten auch zu tun, um endlich an einem Ort leben zu können, dazu mußten wir uns selbständig machen.

Aber zurück zu dem Titel, er sollte eher heißen was ist ein Studium heute noch wert. Zu unserer Zeit war es schon noch etwas besonderes, so fühlten wir uns auch. Heute ist es Normalität, man kann sich nicht mehr Besonders fühlen. Das ist komisch, wenn man aus einer anderen Welt / Zeit kommt...  Wie meinte mein Chef, Berufsbezeichnungen / Titel drucken wir schon lange nicht mehr, den hat jeder bei uns. Ebenso wie jeder im Ausland war, auch das ist Normalität.... die Welt hat sich ganz schön verändert... dabei bin ich doch noch garnicht so alt




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