Am Wochenende war ich dem Treffen der Sons of Archery, und wurde gefragt, was ich von den schrägen Typen halte. Mir war nicht klar wer da schräg sein sollte. Mir kamen die Bogenschützen ganz normal vor. Halt Menschen, die extrem ihr Hobby leben.
Ich habe ja ganz verschiedene Hobbies und begegne dadurch auch ganz verschiedenen Menschen. Wie erlebe ich sie?
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Philharmonischer Chor Heilbronn |
Fangen wir mit den Chorsängern an. Das sind meist kulturinterssierte Menschen. Da ich am liebsten Messen singe, sind die Mitsänger entweder im kirchlichen Bereich aktiv (Kantorei) oder man singt in traditionsreichen Chören, in die man nur durch Empfehlung bzw. Vorsingen kommt. Im Chor singen bedeutet, dass man nur in der Gemeinschaft etwas erreichen kann. Man ist nur ein Teilchen und jeder wird für den Gesamtklang des Chores gebraucht. Aber auch hier gibt es sehr gute Sänger, die je nach Charakter meinen, andere verbessern zu müssen oder wenn es gut läuft, die anderen mitziehen und dadurch sicherer und besser werden lassen. Vor allem in den traditionsreichen Chören sind sehr viele Akademiker, früher war es die Haute Vole des jeweiligen Ortes. Hier ist alles wichtig was mit Kultur zu tun hat, man geht ins Theater, in Kunstmuseen, in klassische Konzerte, in die Oper, macht Bildungsreisen usw. Ich falle da etwas raus, weil ich am Kulturbetrieb nicht mehr so interessiert bin. Einzig die Oper reizt mich noch, aber da auch nur moderne Opern. Man achtet auf sein Äußeres und würde nie schlecht angezogen aus dem Haus gehen. Ich mit meinem Lidl-chic bin zwar auch gut angezogen, aber halt nicht mit Markenklamotten, das stört jedoch nicht.
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Vorrunde Deutsche Brettspielemeisterschaft 2013 |
Mein nächstes Hobby sind Brettspiele. Auch hier gibt es eine ganz eigene Szene. Je intensiver man das Hobby betreibt um so mehr, entwickelt man sich zum sogenannten Vielspieler, das bedeutet, man immer neue Spiele sucht, die neuen Spielemechanismen erleben möchte und es einfach liebt, dass das Gehirn sehr gefordert wird. Bei den Brettspielen sind wir meist Einzelkämpfer, es gibt zwar auch kooperative Spiele in denen man gemeinsam gegen das Spiel antritt, aber Hardcore-Spieler mögen solche Spiele nicht, sie wollen glänzen, sie wollen zeigen, dass sie eine gute Strategie verfolgen, langfristig planen können, sie wollen Herr des Geschehens sein, jeglicher Glücksfaktor wird abgelehnt. Wir gehen zwar auf Meisterschaften als Team aber im Grunde "kämpfen" wir als Einzelkämpfer für unser Team, gegen die Einzelkämpfer der anderen Teams. Spieler sind meist sehr regelbewußt und mathematisch vorgebildete Spieler haben gute Gewinnchancen. Da ich nicht immer alles durchrechnen will, spiele ich sehr gern Spiele mit Glücksfaktor und liebe kooperative Spiele, habe mich aber von den einfachen Spielen doch recht weit entfernt. Die findet man dann schnell langweilig. Auch ich möchte, dass mein Kopf angestrengt wird und ich gefordert werde. Trotzdem befinde ich mich in verschiedenen Spielekreisen, die von ganz einfachen Spielen (mit den Behinderten) über Familienspiele, die nicht so komplex sind bis hin zu Spielen, bei denen allein die Regelerklärung bis zu 40 Minuten dauern kann. Eines eint alle Spieler: Sie wollen gewinnen und müssen leider auch öfters mit dem verlieren fertig werden.
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SoA Turnier im Parcours Wolfschlucht |
Dann kommen wir zum traditionellen Bogenschießen. Über eine Freundin ist unsere Familie dazu gekommen, da wir aber schlechte Bögen hatten und nicht in einen Schützenverein wollten, hatten wir das Hobby wieder einschlafen lassen, bis ich Anfang des Jahres meinen Freund kennen lernte und wir jetzt regelmäßig auf Parcouren Bogenschießen gehen. Zunächst ist es eine männerdominierte Gemeinschaft, deren Hauptthema die technische Ausstattung ist, also Zuggewicht, Gewichte der Pfeile und noch vieles mehr, von dem ich bisher noch wenig verstehe. Man trifft Menschen, die outdoormäßig gut ausgestattet sind, denn man fährt von Turnier zu Turnier. Hier möchte man den Schwierigkeitsgrad des Parcours kennen lernen und beweißen, dass man auch schwierige Schüsse in schwierigen Gelände gut packt. Man liebt die Lagerfeuerromantik und die Gemeinschaft der Gleichgesinnten. Die Gespräche gehen hauptsächlich um das Bogenschießen. Auch hier wird auf Kleidung geachtet, eben Funktionskleidung, die waldtauglich ist, wie überhaupt die gute Ausstattung sehr wichtig ist. Was bei den Spielern die Spiele sind, sind bei den Bogenschützen, die Bögen und Pfeile und das drum herum. Wenn man zum Schießen geht, kommt man meist sehr schnell in Kontakt mit anderen Schützen und je nach Sympathie geht man gemeinsam weiter und schießt zusammen. Es geht hier weniger um das Treffen, aber stolz ist man schon, wenn man ins "Kill" getroffen hat und es noch dazu ein schwieriger Schuss war. Ich jedenfalls möchte schon gut treffen, vielleicht kommt da meine Spielermentalität - siegen zu wollen - durch. Beim Bogenschießen ist es wohl besser den Kopf auszuschalten, immer die gleichen Abläufe einzuhalten, was mir insgesamt doch recht schwer fällt. Also habe ich mich entschlossen "intuitiv" zu schießen, dann klappt es meist recht gut.
Ich könnte jetzt noch über die Fotografen schreiben, mein ältestes Hobby. Aber da bin ich wohl weißlich nicht in den örtlichen Fotoclub gegangen, denn auch hier geht es um technische Ausstattung und um Bewertung der gemachten Aufnahmen. Sowas möchte ich in meiner Freizeit nicht, mir reicht es wenn ich meine Bilder gut finde. Allerdings würde ich gerne mal mit Fotografen auf eine Exkursion gehen, denn alle meine Freunde nervt das ewige Stehenbleiben und kurz ein Bild machen, also sollte man mit Leuten unterwegs sein, die dieses Hobby teilen. Das habe ich aber bisher noch nie realisiert, ich nerve momentan lieber noch meine Freunde....
Man sieht, dass jedes Hobby Freaks entwickelt, halt mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Aber jede Gruppe betreibt ihr Hobby oft bis zum Exzess. Redet fast nur über Chorwerke, Spiele, Bögen, Fotoapparate. Alle sind eingetaucht in ihr Interessengebiet und glücklich wenn sie gleichgesinnte finden.
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