Melancholie - wenn unsere vorweihnachtlichen Rituale ausfallen

Was für eine schwierige Zeit? Es wird immer dunkler, die Tage kürzer, viele Tage sind trübe und grau, man hat nicht das Gefühl, dass es überhaupt hell geworden ist, da man den ganzen Tag über Licht benötigt. 

Nicht umsonst hatten sich die Menschen Rituale überlegt, die auch diese Zeit angenehm macht, so dass man sich freut und die Melancholie gar nicht erst aufkommen kann. Es fängt im November an, mit dem Laterne laufen der Kinder. Wir gehen durch die Nacht mit Lichtern, wie geheimnisvoll. Nach dem Totensonntag fangen die meisten mit dem Schmücken der Häuser mit Lichtern an, der Adventskranz wird vor allem in Häusern mit Kindern, sowie in religiösen Haushalten aufgestellt. Die Zeit der Weihnachtsmärkte beginnt, hell erleuchtete Buden mit, im Grunde unnützen, aber schön anzusehenden Sachen, manche sehr ausgefallen, wenn es Märkte sind, auf denen nur Kunsthandwerk verkauft wird. Man steht am Feuer trinkt Glühwein, genießt die Lichter und Feuer, die überall geheimnisvoll funkeln. Es ist ein Gewusel, weil es jeden raustreibt, die Stimmung schön ist und kaufen uns allen offensichtlich Freude macht.

Stuttgarter Weihnachtsmarkt
Es ist die Zeit in der man von einer Weihnachtsfeier zur nächsten geht, Konzerte und Chorauftritte stattfinden, man vor lauter Aktivität gestresst ist, freut sich auf die Ruhe der Feiertage. Davor heißt es sich im Supermarkt durch die Menschenmassen zwängen und Berge von Essen und Getränken einzukaufen. Manch einer arbeitet an Heilig Abend noch bis nachmittags (Lebensmittelhandel). Je nachdem welche Tradition in der Familie herrscht, wird ein opulentes oder eher ein einfaches Weihnachtsessen gekocht. Man ist zusammen, manchmal genervt von der lieben Verwandtschaft, aber wir haben Weihnachten immer sehr genossen. Da hatten wir endlich mal Zeit füreinander.

Breitenauer See - Weihnachtsmarkt
Nach Weihnachten freut man sich auf Sylvester, es ist eine seltsame Zwischenzeit, da gibt es keine Weihnachtsmärkte mehr, aber die Menschen haben Zeit und sind entspannter unterwegs. Wir im Süden haben dann noch die Heiligen Drei Könige als Feiertag, da wurde bei uns dann endgültig der Christbaum und die sonstige Deko weggeräumt. Die Tage werden zwar wieder länger, aber das merkt man noch nicht so recht. Es dauert noch und es gibt noch viele graue Tage, bis der Frühling kommt. Damit wir da richtig abgelenkt werden, kommt Fasnacht oder Karneval. Das geht gleich nach dem 6. Januar los. Ich kenne nur die schwäbisch-alemannische Fasnacht, die einfach wunderbar in die Winterzeit passt. Danach beginnt die Fastenzeit, da ist nichts los. Da kann die Melancholie wieder zuschlagen, allerdings keimt Hoffnung, da die Tage schon länger werden...

Advent 2020 
Dieses Jahr fällt vieles davon aus, keine Weihnachtsmärkte, keine Gesangsauftritte, keine Weihnachtsfeiern und seit heute wieder Lockdown für viele Geschäfte, Ausgangssperre von 20 - 5 Uhr morgens. Nach Möglichkeit soll man niemand treffen. Da kann die Melancholie sich ausbreiten, vor allem wenn die Tage grau bleiben und richtig früh die Nacht einbricht. 

Das Virus beherrscht uns, ein unsichtbarer Angreifer, der uns isoliert und das Gewohnte komplett durcheinander bringt. Ich habe Glück und darf noch arbeiten, aber vielen bricht der Arbeitsplatz weg. Da kann keine Entspannung aufkommen, wenn man sich Sorgen um die Einkünfte macht, wenn man zu eng aufeinander hockt, wenn man allein irgendwo hockt, wenn man die Menschen, die man liebt nicht mehr sehen darf. 

Die dunkle Jahreszeit, dieses Jahr komplett reduziert, es ist nicht schlimm wenn ein wenig reduziert wird, aber so radikal... ob das unsere Psyche so schnell begreift wage ich zu bezweifeln. Der Lockdown im Frühjahr war leichter zu bewältigen, da hatte man die dunkle Jahreszeit hinter sich. 

Momentan haben wir noch eine lange Zeit vor uns...






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