Impftourismus - was früher Geschäftsreisen waren, ist jetzt die Fahrt zum Impfzentrum

Es hat schon etwas von Realsatire, der Kampf um einen Impftermin und welche Wege man in Kauf nehmen muss. Als ich endlich meine erste Impfung, dank meines Alters AstraZeneca, erhalten hatte habe ich abends im ARD Weltspiegel gesehen, dass Serbien gerade viele Impftouristen hat. In Serbien werden alle geimpft ohne irgendwelche Priorisierungen, sogar Ausländer können sich dort problemlos impfen lassen. Dementsprechend fahren viele jüngere Menschen dorthin und sie können dort sogar den Impfstoff auswählen. 

Welch ein Aufwand dagegen bei uns...

Zuerst muss die Hürde überwunden werden, dass man so einen Impfberechtigungsschein erhält. Es müssen Priorisierungen eingehalten werden. Ich arbeite beim ASB, wir haben Pflegeheime, ambulante Pflege, Kindergärten, Schulbegleitung und den Rettungsdienst. Alles Bereiche in denen die Ansteckungsgefahr sehr hoch ist. In unseren Heimen waren die Impfteams unterwegs und das Pflegepersonal wurde flächendeckend geimpft. Aber wir anderen mussten quasi um die Impfberechtigung kämpfen, nach und nach bekamen wir sie und dann ging die Suche nach einem Impfort los. Jeder wurstelte sich individuell durch, viele fuhren nach Stuttgart, ich nach Wolpertshausen, einige nach Rot am See und und und und.... Ich verstehe einfach nicht warum, jetzt alle Welt verzweifelt einen Impftermin irgendwo - meistens ganz weit weg mitten im Nirgendwo - suchen muss. Warum werden nicht Impfteams in die großen Unternehmen geschickt, dort erreicht man auf einen Schlag sehr viele Menschen, man sichert damit auch die Unternehmen vor Schließungen, z.B. in Schwäbisch Hall sind die hohen Inzidenzzahlen durch Ansteckungen in der Arbeit entstanden. Mein Sohn durfte sich als Teil des Lehrkörpers an der Uni Leipzig auch impfen lassen. Wie einfach wäre es wenn das Uniklinikum, die berechtigten Personen durchimpfen würden, nein auch dort müssen sie einzeln nach einem Impfort suchen und Chancen hat man meist nur bei extrem abgelegenen Impfzentren, wehe man ist dann nicht mobil... dann arbeitet man ungeschützt weiter, immer mit der Gefahr angesteckt zu werden, Laborarbeit kann man schlecht im homeoffice machen.

Ich erinnere mich vage, dass ich als Kind immer wieder zu solchen Reihenuntersuchungen und Impfungen antreten musste. Ich glaube das wurde damals im Gesundheitsamt bzw. in der Schule durchgeführt. Wir wurden geröntgt, das waren Reihenuntersuchungen zu Tuberkulose, es gab Schluckimpfungen gegen Polio. Wir wurden da klassenweise durchgeschleust und das war sogar noch ein Abenteuer. Aber damals gab es nicht so viele Impfgegner, man hatte die schlimmen Auswirkungen der Krankheit noch in den Familien erlebt und war froh um jeden Schutz. Meine Großmutter hat eines ihrer Kinder an Diphterie verloren und hatte durch den qualvollen Tod des Kindes, heute würde man sagen, ein Trauma. Mein erster Freund hinkte als Folge einer Hirnhautentzündung / Polio in der frühen Kindheit. Die Erinnerung was Ansteckungen auslösen können, war jedem in der Nachkriegszeit noch in den Knochen gesteckt und ich glaube, dass auch schneller gehandelt wurde, wenn man eine Aktion als zielführend betrachtet hat. 

Aber kommen wir zu dem momentanen Chaos zurück, nicht nur mit dem Impfen ist es ein zäher Kampf, wenn man dann mal in Quarantäne muss, geht der Kampf um kompetente Auskünfte gerade weiter. Alles zieht sich hin, keiner ist zuständig, die Telefonleitungen sind überlastet, wenn man dann endlich mal jemand erreicht, kann der nicht wirklich weiterhelfen. Man wird von Pontius zu Pilatus weitergeschickt und ist so schlau wie vorher. Selbst wenn man ein Mensch ist, der Zugang zu den verschiedensten Informationsquellen hat, man steht ratlos da und weiß erst nicht was man machen sollte wenn die Quarantäne beendet ist... Es kommt mir so vor wie in den Wirren zum Ende des zweiten Weltkrieges. Da haben auch alle Familien aus den Ostgebieten versucht irgendwie zu fliehen, irgendwie an Essen ranzukommen und irgendwo eine sichere Unterkunft zu finden. Jeder für sich und jeder seinen individuellen Vorteil nutzend, bloß mit dem Unterschied, dass es damals keine verbindlichen Regeln mehr gab, das politische System war gerade zusammengebrochen. Man befand sich im Armageddon..

Heute haben wir Politiker, die ständig regeln, es schwirrt der Kopf vor lauter Regeländerung und trotzdem muss jeder sich selbst irgendwie durchschlagen.... und manche bleiben dabei auf der Strecke, Schließung des öffentlichen Lebens seit 6 Monaten. Immer mit der Begründung der hohen Fallzahlen, die dadurch zurückgehen sollten, gefühlt werden sie nur mehr statt weniger. Die Psyche der Menschen leidet immer mehr und wir machen momentan im großen Umfang Deprivationsexperimente. Ohne irgendeine Perspektive wann der Spuk/ das Experiment endlich vorbei ist. 

an das erinnere ich mich - aus Demokratiegeschichten

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