es ist warm hier. In Passau war's kühler, mein erster Eindruck war ich bin im Süden...
Nun ist es schon über einen Monat her, dass wir dort waren aber die Erinnerung ist noch lebendig. Es gibt Orte, zu denen kommt man wie die Jungfrau zum Kind. Sie sind plötzlich da, man kann sich vorher unter ihnen nichts vorstellen. Man fährt halt mal hin und dann trifft einen vor Ort die Liebe mit voller Wucht. So erging es mir mit Italien, mit Marseille und eben mit Bratislava.
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Diese Stadt wirkt ein wenig südlich, von der Wärme her mit der wir empfangen wurden, aber wir waren definitiv im Osten. Die Stadt ist ein Mischmasch aus vergangenem Sozialismus, Moderne und Verfall. Sie ist nicht groß, wirklich eine kleine Hauptstadt, aber quick lebendig. Es gibt nicht wie in Prag, eine ausgeprägte Altstadt, natürlich erkennt man den alten Stadtbereich von Pressburg wieder, aber der besteht nicht mehr nur aus Altbauten. So hat man z.B. während des Sozialismus, die alte Synagoge geopfert um eine Stadtautobahn zu bauen, ein ganzes Viertel wurde abgerissen. Eine junge Bratislaverin erzählte uns, dass ihre Oma im alten jüdischen Viertel unterhalb der Burg gelebt hätte, dass dies aber inzwischen abgerissen wurde und durch z.T. ultra moderne Neubauten ersetzt wurde. So hat
Pressburg keinen einheitlichen Altstadtcharakter mehr. Es ist inzwischen
Bratislava mit einer großen Durchmischung von unterschiedlichsten Stilen und sehr offenen Menschen mit denen man leicht ins Gespräch kommt.
Es ist gar nicht so leicht zu vermitteln, wie in dieser Stadt viel gegensätzliches nebeneinander steht, und man das auch so zulässt, man baut neues dazu, man erweitert. Die Menschen die wir getroffen haben waren stolz auf ihr Land, auf ihre Vergangenheit, viele konnten Deutsch (selbst junge Menschen) und ware offen für den Austausch mit uns. Wir wurden vorurteilsfrei aufgenommen. Alles wirkte ein wenig in Aufbruchsstimmung, raus aus dem Sozialismus rein in die Europäische Union. Es war sehr angenehm, dass in der Slowakei der Euro als Währung gilt.
Südlich war auch das Nachtleben am Wochenende in Bratislava. Die Stadt war voll mit Menschen (einheimischen, wahrscheinlich aus den vielen Vororten). Jeder genoss es, dass man wieder ausgehen konnte. Wir erfreuten uns an der Live-Musik in der Bar-Rock. Die Lebensfreude war so groß, dass niemand mehr so richtig auf die Corona Abstände und sonstige Auflagen achtete. Corona hat aber auch Schneißen hinterlassen, z.B. mußten in der Markthalle zahlreiche Stände aufgeben, sie haben den Lockdown nicht überlebt.
Besonders beeindruckt hat mich auch unsere Stadtrundfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. In Bratislava gibt es eine sehr gute Taktung der Straßenbahnen und Busse. Dazu kommt, dass die Tarife günstig sind, besonders für ältere Menschen. Also fuhren wir an einem Regentag von Endstation zu Endstation. Es war spannend die Außenbezirke zu sehen, dort wohnten also die vielen Einwohner. Es waren Hochhäuser, die im Grünen standen, zwischen denen es genügend Freifläche und Begegnungsfläche gab, so dass es trotz der Verdichtung großzügig wirkte. Angeschlossen waren kleinere Einkaufszentren, Sportanlagen und medizinische Versorgungsangebote, alles gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Faszinierend, wie da die sozialistische verdichtete Bauweise noch wirkt und Menschen von Autos unabhängig macht. Leider will inzwischen in Bratislava auch jeder, der was auf sich hält, ein Auto und so kehren auch dort Staus und (in Zukunft) Parkplatznot in der Innenstadt ein.
Es fasziniert die eigenwillig, schöne Natur, die die Stadt umgibt und als kleine Tatra wohl noch nicht so touristisch überlaufen ist, wie die hohe Tatra. Auch die vielen Weinberge, die gleich hinter Bratislava anfangen, sie machen die Landschaft lieblich und irgendwie südlich. Aber es ist definitiv nicht Süden sondern Osten... an der Donau, die gemächlich ihren Weg gen Schwarzes Meer entlangfließt und schon recht breit die ganze Slowakei durch strömt. Hier findet man die Touristen aber auch viele sportbegeisterte Einheimische auf der Fahrrad"autobahn" entlang der Donau. Man trifft aber auch auf moderne Kunst vom Feinsten mit dem Gefühl an einem exklusiven Strandbereich zu sein. Sommerfrische mit viel Sportmöglichkeiten. Für jeden was geboten, nebeneinander, nicht in Ghettos wie es bei uns oft ist.
Ich denke man spürt wie sehr mich die Stadt beeindruckt hat, man kann nicht sagen, dass es eine schöne Stadt ist, deshalb habe ich den Begriff spröde gewählt. Man kann viele kleine "Schönheiten" entdecken, die nicht von vorn herein offensichtlich sind und offene, interessierte Menschen treffen.
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