Urlaubsreisen - was versprechen wir uns davon?

Die Reisebranche boomt wohl wieder, neulich kam in den Medien, dass wieder gebucht wird, wie vor Corona und Klimakrise. Offensichtlich wollen alle weg... und auch ich werde demnächst meinen Resturlaub im Ausland verbringen.

Ich werde vor der Reise oft gefragt, ob ich mich schon darauf freuen würde, mein Freund plant schon seit einem viertel Jahr seine große Reise und lebt darauf hin. Irgendwie geht mir das völlig ab. Da ich zu den Menschen gehöre, die von Tag zu Tag leben, habe ich selten Vorfreude auf bestimmte Ereignisse, ich lasse diese auf mich zukommen und freue mich erst dann, wenn ich tatsächlich unterwegs bin. Da ich nichts erwarte bzw. mir vorstelle, bin ich häufig sehr positiv überrascht und begeistert von Land und Leuten.

Dabei bin ich eigentlich kein Reise Typ, mir graust jeweils vor dem Packen. Als Kind grauste mir oft vor der Fahrt. Nachts im Bett bat ich dann Gott, dass er uns heil ankommen lassen solle. Nun die Reisen in meiner Kindheit, waren eigentlich nur eine Ortsveränderung. Wir gingen von Böblingen nach Schwarzenbach und lebten dort unser ganz normales Leben weiter, der einzige Unterschied war, dass meine Eltern dort nicht arbeiten mussten und wir viel mit der Verwandtschaft unternahmen. Wir waren wieder Teil der Familie und ich hatte sogar eine Freundin am "Urlaubsort", sie machte auch Urlaub bei ihrer Oma. 

Ein Ortswechsel waren auch die Reisen, die ich als ich Jugendliche machte. Da wurde Englisch gelernt in Oxford, Französisch im Loiretal, In Italien bin ich gelandet weil eine Freundin von mir nach dem Abi in ein archäologisches Camp wollte, das fand ich spannend und bin kurzerhand mit, so bin ich in  Neapel gelandet. Dabei musste ich alle Vorurteile bezüglich Italien über Bord werfen und habe mich in die Schönheit der Landschaft und Hafenstädte wie Neapel verliebt.

In Frankreich wollte ich schon immer leben, aber dass ich in Marseille gelandet bin, war auch wieder Zufall, da habe ich eine Aupairstelle bekommen, also wurde Böblingen gegen Marseille getauscht. Diese Stadt wurde meine "Heimat" mit ihrem chaotischen, multikulturellen, lebenslustigen Flair. 

Als Studentin war ich nur zwei mal in Urlaub, einmal radelte ich mit der Freundin eines WG Mitbewohners durch Dänemark. Ich: ein völlig unsportlicher Mensch, mit dem ältesten Rad das es überhaupt gibt, hatte mich da angeschlossen und sogar problemlos durchgehalten. Es war eindrucksvoll, aber mir fehlte der Süden und so fuhr ich mit einer anderen Freundin danach nach Kreta. Es wurde Tübingen gegen Heraklion ausgetauscht und ich war wieder glücklich.

Wie alle Deutschen hat es mich immer wieder nach Italien gezogen, In Florenz habe ich einen längeren Sprachkurs gemacht und im Maremma war ich malen, war also wieder stationär in den jeweiligen Orten verankert.

In meiner Ehe sind wir wenig gereist, mein Mann und ich hatten nicht unbedingt das Bedürfnis danach, wir besuchten Freunde und Verwandte und so wurde Neckarsulm gegen Berlin und Hannover ausgetauscht. Als die Kinder größer wurden, haben wir tatsächlich Zelttouren gemacht, aber das war auch eher Orte tauschen. Wir hatten irgendwo unsere Basiscamps, meist in Städten und haben von dort aus die Gegend erkundet.

Reisen so dass man von Ort zu Ort zieht, sich die Gegend ansieht und dann weiterzieht, habe ich nur einmal gemacht. In USA machten wir einen kleinen Roadtrip, es war interessant, aber recht bald habe ich bei der ganzen Fahrerei die "Orientierung" verloren, ich wusste nicht mehr so recht wo ich war. Nach einer gewissen Zeit, war alles so gleich, mir fehlten die vertrauten Orte und die Menschen. Ich habe es genossen, als wir in Philadelphia zurück waren.

Reisen in der Form, dass ich laufend weiterziehe, um möglichst viel zu sehen, hat keinerlei Attraktion für mich. Ich möchte eintauchen in das Alltagsleben vor Ort. Will eine Aufgabe dort haben. So wie wir z.B. letztes Jahr auf der europäischen Bogenschießmeisterschaft waren. Auf diese Art und Weise nehme ich die Orte in mich auf, erlebe und erfahre sie. 

Vielen Menschen wünschen sich einen Ortswechsel. Sie wollen Sehenswürdigkeiten besichtigen, bestimmte Landschaften gesehen haben, durch diese Landschaften fahren, die Wohnmobilisten wollen wie die Nomaden unterwegs sein. Das suche ich bei meinem Ortswechsel eigentlich nicht, ich suche das Alltagsleben und die Einheimischen, bin aber auch glücklich wenn ich dann wieder nach Hause komme und meinen Hobbys nachgehen kann und mit meinem Freundes- und Bekanntenkreis vor Ort etwas unternehmen kann.

Nun denn jetzt geht es erst mal nach Portugal und ich bin gespannt darauf...





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