Vom Nutzen des Sonntags

Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig Zugang meine 18 jährige Tochter zu dem Sonntag hat. Für sie ist das ein x-beliebiger Tag. Als sie noch Kind war, wollte sie am Sonntag mal kurz einkaufen gehen, es sollten alle Arbeiten an diesem Tag verrichtet werden, sie hat keinerlei Empfinden über die Besonderheit dieses Tages. Erst gestern hatte ich einen Disput mit ihr und ihrer Freundin, warum man am Sonntag nicht Fensterputzen dürfe. Für die beiden Jugendlichen ist das vollkommen lächerlich, die Freundin meinte, als Restaurantfachkraft arbeite sie ja am Sonntag, nun da ist es wirklich schwer zu argumentieren.

Wie soll man heutigen jungen Menschen die Besonderheit dieses Tages klar machen?

Als ich Kind war, wurde die Sonntagsruhe noch streng eingehalten, da ging man am Sonntag noch in die Kirche, nicht alle denn meine Eltern waren beide keine Kirchgänger, aber ich ging aus Langeweile mit und fand es eigentlich immer ganz erlebnisreich in der Kinderkirche. Samstags waren die Geschäfte nur bis 14 Uhr geöffnet, viele Eltern arbeiteten noch am Samstag, ich hatte die ersten Schuljahre noch am Samstag morgen Unterricht. Was machte man am Sonntag? Man war mit der Familie zusammen, man gammelte quasi rum oder hat zusammen was unternommen. Es gab keine Verpflichtungen, es war ein Ruhetag, an dem man der Muße nachgehen konnte. Selbst meine Mutter, die immer im Haushalt was zu tun hatte, hat an diesem Tag nur gekocht und weiter nichts gemacht. Es waren schöne, aber oft auch langweilige Tage, Zerstreuung wie wir sie heute kennen gab es nicht. Man kam zur Ruhe und hatte Zeit füreinander. Endlich waren die Eltern mal da...

Später an der Uni, im Arbeitsleben und mit unseren Kindern, haben mein Mann und ich den Sonntag sehr geschätzt. Hier versuchten wir meistens den Tag als Mußetag beizubehalten, wir mußten zwar immer am Wochenende die Wohnung putzen, Einkäufe machen und Gartenarbeit stand an, aber das war Samstagsarbeit, am Sonntag wurde spät aufgestanden, gegammelt oder gewandert, wir waren froh für einen Tag der wöchentlichen Routine zu entrinnen. Die Freunde hatten Zeit, man konnte gemeinsam was unternehmen. Im Gegensatz zu meiner Jugendzeit, war der Sonntag nie langweilig, es war meist ein schöner Tag, auf den ich mich freute, der viel zu schnell vorbeiging.

Wenn man in einem Dorf wohnt ist die Sozialkontrolle sehr groß, die berühmte schwäbische Kehrwoche, mit Gehsteig kehren oder Gartenarbeit dürfte nie am Sonntag gemacht werden. Natürlich würde niemand direkt was sagen, aber man wäre das Gesprächsthema und über kurz oder lang, käme dann jemand, der einem sagen würde, dass das so aber nicht ginge. DAFÜR HAT DIE JUGEND VON HEUTE KEINERLEI VERSTÄNDNIS.

Ihr Leben hat nur Höhepunkte wenn man chillt, wenn man feiern geht und das macht man exzessiv am Wochenende. Deshalb gibt es nur ganz kleine Zeitfenster wo sie dann evtl. beim putzen und sonstigen Arbeiten mitmachen können, vor allem nicht vor 12 Uhr, dass der Häckselplatz schon um 13 Uhr zumacht, ist ihnen schnurz oder sie empfinden es als Schikane. Halt AUSNAHMEZUSTAND JUGEND, in dem die normalen Gesetze des Zusammenlebens aufgehoben zu sein scheinen. Man möchte erwachsen sein, lässt sich aber noch bedienen wie ein Kind und erwartet noch den Schonraum eines Kindes.

Wer weis ob sie vielleicht, wenn das normale Leben für sie losgeht, nicht auch froh über den Sonntag sind. Dass sie sich einfach mal so in die Sonne legen dürfen, ohne dass Arbeiten gemacht werden müssen. Wahrscheinlich sind sie dann so gestresst, von all den Events, die sie besuchen sollten, dass sie den Nutzen, den Segen des Sonntags nie erleben werden.

http://www.gutefrage.net/frage/darf-man-sonntags-den-buergersteig-und-hof-kehren



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