Die Geräusche einer Großstadt - Leipzig

Mein Sohn ist nach Leipzig gezogen und ich helfe beim Umzug, besuche ihn und freue mich in einer Großstadt zu sein, aber die Geräusche der Stadt lassen einen nicht zur Ruhe kommen.


Seine Wohnung liegt direkt an einer großen Straßenkreuzung, an der Tag und Nacht was los ist, richtig zur Ruhe kommen kann man nicht. Es ist eine Wohnung, wie sie junge Menschen lieben, Altbau saniert, Vorderhaus mit Blick auf die Straße, repräsentativen Fenstern, einem Erker, der einen komplett die Kreuzung überblicken lässt. Dazu ist die Lage innenstadtnah, in 15 Minuten ist man beim Gewandhaus und den sonstigen Innenstadtbereichen. Die Karl-Liebknecht-Str. besteht fast nur aus Kneipen, dementsprechend ist das ganze Jungvolk nachtschwärmerisch unterwegs. Da das Wetter noch erträglich ist bedeutet das, dass Heerschaaren vor den Kneipen sitzen und sich nett unterhalten bis zur Sperrstunde. Besoffene sind mir eigentlich bisher noch kaum begegnet noch Obdachlose, die sich hier rumtreiben. Alles sehr attraktiv, aber….

Es ist unglaublich wie anstrengend es ist, wenn die Geräuschkulisse nie aufhört. Ich wache spätestens um 7 Uhr auf, weil der Berufsverkehr anfängt, die Lastwagen rumpeln durch, werden an der Ampel ausgebremst, fahren an und alles ist mit viel Geräusch verbunden. Dann fahren die Straßenbahnen und Busse, die auch direkt vor der Haustür halten. Die aussteigenden Fahrgäste sind eigentlich alle ruhig und streben sofort ihren jeweiligen Zielen zu. Schließlich kommt der Lieferwagen für den Bäcker, der unten im Haus ist. Es rumpeln die Brotteigling-Gestelle auf die Ladefläche des LKWs und werden in den Laden gerollt. Zwischendurch braust dann immer mal ein Rettungswagen oder ein Feuerwehrauto mit Sirene die Straße runter. Alle sind geschäftig unterwegs.


Abends gibt es dann zusätzlich zu der Geräuschkulisse noch die Licht"verschmutzung". Es wird nie dunkel, die gesamte Kreuzung ist mit orange-gelben Licht ausgeleuchtet, die ganze Nacht hindurch, dazu kommen immer wieder die blauen Einsatzlichter der Feuerwehr- und Rettungswägen. Als wir den Umzug machten, war nachts um 1 Uhr eine halbe Stunde lang blinkendes Blaulicht, die Feuerwehr hatte aus unerfindlichen Gründen an der Ecke einen Einsatz ? Eine Nachtübung ? Wir konnten den Grund nicht erkennen, obwohl wir quasi in der ersten Reihe saßen und alles genau beobachten konnten. Man versucht zu schlafen, indem man den permanenten Lichtstrahl ignoriert. Zum Schutz stelle ich das Notenpult so, dass es die Lichtstrahlen, die auf meinen Kopf treffen, unterbrochen werden. Ich gehöre zwar zu den Menschen, die nicht schlafen können, wenn alles abgedunkelt ist, aber das ist mir jetzt doch zu hell. Es ist als ob nie das Licht abgestellt wird.

An den Wochenenden gibt es Nachts die Kombi: Licht- und Geräuschverschmutzung. So ungefähr ab 1 Uhr ziehen dann Grüppchen von jungen Menschen aus den Kneipen raus (Sperrstunde) und diskutieren stundenlang, wo es hingehen soll, wie sie nach Hause kommen und wann sie gedenken loszulaufen. Man liegt im Bett und denkt nur, jetzt lauft doch endlich los. Der Mann des befreundeten Ehepaares, das mit mir in dem Zimmer übernachtete, rief schließlich nach 45 Minuten runter, dass sie leiser sein sollten hier würden Menschen schlafen wollen. Das war in Bezug auf die Lautstärke nicht von Erfolg gekrönt aber sie zogen endlich weiter. Kaum waren die Jugendlichen weg, kam der Lieferverkehr der Bäckerei, schließlich wird auch am Wochenende gebacken. So gegen 5 Uhr morgens bin ich dann vor Erschöpfung eingeschlafen. 

So schön es ist mitten in der Großstadt und am Plus des Lebens zu sein, so sehr strengt es an.


PS:
Ich bin an einer Bundesstraße mitten in der Stadt groß geworden. Als Kind war ich hoch nervös, da ich nie richtig zur Ruhe gekommen bin. Wenn bei uns unten die LKWs vorbei fuhren, wackelten die Gläser bei uns im Wohnzimmerschrank. Momentan liegt mein Büro an einer Kreuzung mitten in Heilbronn, auch das strengt mich sehr an im Sommer. Denn die meisten Leute meinen ihre Lieblingsmusik möglichst laut hören zu müssen, da hofft man doch dass die Ampel möglichst schnell auf grün schaltet. Manchmal meint man auch dass das Handy klingelt, dabei klingelt es unten in einem an der Ampel wartenden Autos. Der Gipfel ist dann wenn unsere Rettungswägen rausfahren, damit sie schnell rauskommen starten sie fast immer mit Sirene. Der Sommer macht die täglichen 4 Stunden Arbeit manchmal zur Qual.

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