Wie wohnen wir - wieviel Raum brauchen wir?

Mein Schwerpunkt im Studium war die ökologische Psychologie und ich habe im Rahmen meines Studiums ein Halbjahrespraktikum beim Institut Wohnen und Umwelt in Darmstadt gemacht sowie meine Diplomarbeit über Konflikte im Wohnumfeld geschrieben. Architektur und Wohnen ist neben Design meine große Leidenschaft. Es fasziniert mich zu sehen in welchen Gebäuden und wie die Menschen dort leben. Vor allem in Städten wurden die neuen Wohnvorstellungen von Architekten Anfang des 20 Jh. verwirklicht. In Berlin ich habe so viele Stadtentwicklungs-Projekte wie möglich besucht.

Das kam so: in den 1980iger Jahren bin ich mit Liebeskummer nach Berlin gefahren, getröstet hat mich, dass es zur selben Zeit an der Technischen Universität Berlin eine Ausstellung zu den verschiedenen Städtebauprojekten Berlins gab, dies lenkte mich von meinem Liebeskummer ab und hat mich gleichzeitig fanziniert.
Onkel Toms Hütte: alte Postkarte, Gemeinfrei,
 https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4201441
Es wurden die großen Wohnsiedlungen von Bruno und Max Taut vorgestellt. Heute noch begehrt ist die Hufeisensiedlung, mit den sich von der Gründerzeit abgrenzenden lichten  und funktionalen Wohnungen. Gleichzeitig wohnten wir Studenten in alten Gründerzeithäusern, in ehemaligen Großbürgerwohungen. Diese waren billig zu mieten, hatten große und viele Zimmer, mit Stuck und all den Zierrat, den man in der Gründerzeit brauchte. Meist wurden die Wohnungen noch mit Kachelöfen beheizt, es war aufwendig dort zu wohnen, aber für Wohngemeinschaften waren sie perfekt geeignet und so hausten zig StudentenWGs vor allem in Kreuzberg, in unbesetzen und besetzten Häusern, die vor der Luxusanierung gerettet werden sollten. Die Familien wanderten ins Umland in modernere, bequemer ausgestattete Hochhaus- bzw. Blockwohnungen.

https://www.wienerwohnen.at/hof/220/Karl-Marx-Hof.html
Mein Mann hatte ein Semester in Wien studiert, so zeigte er mir später all die spannenden Seiten von Wien, dazu gehörten die Karl-Marx-Höfe, mit ihrer Vorstellung von Wohnungen mit Gemeinschaftsbauten, Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc." 
Faszinierend an was alles schon Anfang des 20 Jh. gedacht und umgesetzt wurde. Dann besuchten wir natürlich auch die berühmte Stuttgarter Weißenhof-Siedlung, eine Bauhaus Siedlung.

https://scilogs.spektrum.de/denkmale/marseille-so-sollen-wir-wohnen-le-corbusier/
Das Corbusier-Haus in Marseille kostet leider Eintritt, deshalb konnte ich es mir erst bei meinem letzten Besuch leisten = ansehen. Dieses Haus wurde von Corbusier selbst als Wohnmaschine bezeichnet. Die Wohnungen ziehen sich über 2 Etagen, haben alle einen wundervollen Blick in die Landschaft, über eine Klappe konnten die Lebensmittel angeliefert werden, selbst wenn man nicht zu Hause war. Es gab Lebensmittelläden, Büchereien, Kindergärten im Gebäude und das Dach wurde als Gemeinschaftsraum genutzt, auf dem Sport gemacht werden konnte. Das Haus wurde gebaut nach der Bombadierung / Zerstörung der Altstadt von Marseille und sollte die Bewohner de Panier (= ehemaligen Altstadt) aufnehmen. Diese wollten das nicht, es war ihnen zu weit weg vom Hafen. Heute sind es begehrte Wohnungen, allerdings nicht mehr für Familien, heute wohnen höchstens Paare darin, denn die Wohnungen sind für heutige Verhältnisse zu klein.

Damit kommen wir zu dem eigentlichen Anstoß dieses Posts, ich hatte eine Sendung mit einer Bausoziologin gehört, die darüber redete wie wir in Zukunft wohnen werden. Sie redete über den zunehmenden Raumbedarf in der heutigen Gesellschaft. Am meisten beeindruckte mich dabei, dass dieser Raumbedarf auch dadurch entsteht, dass wir quasi Lagerraum bräuchten für unseren Konsum für all die Sachen, die wir kaufen und um uns haben wollen. Wie recht sie hat, auch für mich trifft das zu. All die Intellektuellen, die sich ihre Bibliotheken zusammenstellten (die übrigens heute kein Mensch mehr will, wenn interessiert denn heute noch die MEW-Buchreihen = Marx und Engels Schriften) all das brauchte Platz. Oder die Reisefreaks, die sich ihre Andenken mitbrachten, z.B. meine Chefs in Marseille, beide Stadtplaner und weitgereiste Menschen. Heute werden andere Dinge eingelagert, so bin ich z.B. auf Spiele umgestiegen, auch das braucht Lagerplatz.

In den achziger Jahren, des letzten Jahrhunderts entstanden, aber auch die ersten Landkommunen, meist von idealisierten Städtern, die sich das Leben zurück zur Natur wundervoll vorstellten. Da ich als Stadtkind, mit dem Land wenig anfangen konnte, habe ich diese Richtung nie weiter verfolgt.


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