Beerdigungen - wie unterschiedlich die sein können...

Ich habe jetzt an zwei Tagen hintereinander Beerdigungen "erlebt" eine im Fernsehen und eine bei uns auf dem Stadtfriedhof.

Da stirbt ganz plötzlich ein früherer Geschäftsfreund und da er im Urlaub verstarb dauerte es fast 3 Wochen bis die Trauerfeier stattfinden konnte. Dazwischen ist die QUEEN verstorben und bei ihr ging der zeremonielle Ablauf eines Staatsbegräbnisses los. Wir wurden von den Medien mit dem Leben und der Lebensleistung dieser Frau bombardiert. Da es die QUEEN war, sie fast ein ganzes Jahrhundert gelebt hat und schon vor meinem Lebensbeginn die Königin war, habe auch ich mir ihre Lebensrückblicke angesehen. Aber am meisten hat mich das Staatsbegräbnis interessiert. Es hat etwas archaisches, wie überhaupt Könige und Prinzen was überkommenes, märchenhaftes sind. Man kennt die Könige und Königskinder aus dem Märchen und da sind sie immer jenseits von allen Sorgen, werden bedient, sind prächtig gekleidet, mit den Insignien der Macht versehen, sitzen sie hauptsächlich auf dem Thron.  Als Prinzen mussten sie meist Mutproben bestehen, bevor sie an die Macht kamen. Man stellt sie sich schön vor, als besondere Menschen, gütig, gerecht, edel, irgendwie entrückt und auf gar keinen Fall mit alltäglichen Problemen belastet. Die QUEEN war die winkende Dame für mich, stets ähnlich gekleidet mit ihrem Erkennungsmerkmal: die besonderen Hüte. Politisch war sie, wie im Märchen nicht präsent. 

präsentieren
Geschützwagen
So war auch ihre Beerdigung ein "königliches" Ritual das seit Jahrhunderten so abläuft, allein wie der Leichnam für alle sichtbar durch das Land gefahren wird. So musste er verschiedene Stationen abfahren, wo er zum Abschied aufgebahrt war und die Untertanen sich verabschieden konnten. Als sie dann endlich in London angekommen war, wurde der Sarg zur Beerdigungszeremonie auf einem Geschützwagen von Matrosen zur und aus der Kirche gezogen. 
Bleisarg-Träger
Der Sarg wurde von Sargträgern jeweils in die Kirche getragen. Alles war bis aufs genaueste geplant und war auf ein Spektakel für das Volk ausgerichtet. Halt so märchenhaft wie man das bei Königen erwartet. Für normale Politiker würde solch ein Promp und Aufwand nicht gemacht. Ihre Beerdigung war die Fortsetzung des Märchens mit Königen. Hier wird das Märchen zu Ende geschrieben, nachdem Prinz und Prinzessin ein langes königliches Leben gelebt hatten.

Wie anders war die heutige Beerdigung. Dadurch dass der Verstorbene ein Amt bei der Gewerkschaft ausgeübt hatte und sehr engagiert seine Arbeit gemacht hatte, kamen viele Weggefährten, die mit ihm gekämpft und den Idealismus geteilt hatten. Dementsprechend war es auch eine große Trauerfeier. Je bekannter und je öffentlicher die verstorbene Person war, um so mehr Redner und persönliche Beiträge gibt es. Vor allem wenn die verstorbene Person plötzlich aus dem Leben ging, noch aktiv war, dann kennen sie noch viele. Dann ist das Lebenswerk noch sehr präsent. Wenn zusätzlich auch noch eine zahlreiche liebende Familie da ist, kann das sehr schnell zu einer großen Beerdigung werden. Es werden Würdigungen auf der Trauerfeier gesprochen, vielleicht kommt noch ein Nachruf durch die Institution für die der verstorbene tätig war. Man wird erschlagen von all den Erinnerungen und ist erstaunt wieviel Kreativität auch hervorkommt bei den jeweiligen Beiträgen. Da gibt es keine so festgelegte Zeremonie wie bei "Königs", ist aber individuell genauso ergreifend. 

Mein Vater und mein Mann, auch das waren große Trauerfeiern mit vielen Trauergästen. Aber beide sind in einem Umfeld gestorben in dem sie lange gelebt hatten, man kannte sie. Dazu ist mein Vater außerhalb der Ferienzeit gestorben. Da konnte die Familie anreisen, niemand war im Urlaub. Als meine Mutter starb waren auf der Beerdigung eine Handvoll Menschen. Wie traurig das war, viele Familienmitglieder waren im Urlaub, wer weiß ob sie überhaupt gekommen wären. Sie hatte noch nicht lange in Laatzen gelebt und kannte dort nur ihre ebenfalls alten Nachbarn. Ich weiß gar nicht ob von denen jemand kam. Obwohl meine Mutter auch eine tolle Frau war und eine große Lebensleistung hatte, ging sie sehr wenig beachtet aus der Welt. Keiner hat ihr tolle Reden gehalten, aber da war das auch noch nicht so üblich, da redete der Pfarrer über den Verstorbenen, den er meist nicht gut kannte und so treffen solche Reden selten das Besondere des Lebens, das zu Grabe getragen wird. Es fehlt der persönliche Bezug. Häufig steht da auch die Predigt im Vordergrund, die den Hinterbliebenen Trost spenden soll, in dem auf das Ewige Leben verwiesen wird.

Bei der Beerdigung heute musste ich an die Menschen denken, die einfach so versterben, die niemand vermisst, denen niemand eine Trauerrede hält, deren Leben scheinbar nichts Erzählbares, Erinnerbares enthält die anonym begraben werden, von Erde zu Erde scheint da die Trauerrede zu sein. Aber auch die hatten eine Lebensleistung, nur hat die keiner bemerkt. Wie traurig und vor allem wie unterschiedlich wir selbst noch als Verstorbene verabschiedet werden.

auf dem Heilbronner Hauptfriedhof


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