Welche Denkfehler machen wir notorischen Horter?

Wie üblich im Frühjahr kommen im Radio (mein bevorzugtes Medium) Sendungen zum Entrümpeln. Die Menschen sollen sich befreien, sie sollen Ballast abwerfen und in einem leereren Raum leben. Vielleicht sollen sie auch Platz für neues machen, das sie noch konsumieren müssen. Wer weiß....

Mir wird jedenfalls immer gesagt, dass ich in einem extrem gefüllten Haus lebe, dass ich viel zu viele Sachen hätte und mein Bruder liebt es, mir mantramäßig zu sagen, dass ich alles wegwerfen solle. Am meisten erstaunt die Leute meine Spielesammlung. Für Nicht-Spieler ist sie eindeutig komplett überflüssig, man könne diese Spiele doch nicht alle spielen, da würden ein oder zwei ausreichen. Spieler bewundern die Sammlung. Nun wie üblich kommt es auf die Perspektive an. Büchersammlungen sind inzwischen ok, aber was davon abweicht, wird doch eher als seltsam betrachtet und als vollkommen überflüssig. 

Schon verrückt wie wir über andere denken, die nicht so ganz der Norm entsprechen. Bei mir kann man meinen kompletten Besitz sehen, da ich nur Regale habe. Also habe ich zu viel ! ??? 

Nun ich neige schon dazu Dinge aufzuheben, man könnte diese ja nochmals gebrauchen. Das kann ich auch - aber halt nur alle 1 bis 2 Jahre, lohnt es sich dann wirklich dafür Sachen aufzuheben und ein privates "Lager" zu bewirtschaften? Wenn ich ehrlich bin NEIN, das sagt der Kopf und der Bauch will es einfach nicht wegwerfen.

Der Mann, der Simplify your life geschrieben hat, hat ein Argument gebracht, dass meinen Bauch schon zum Nachdenken gebracht hat. Es ging um einen riesigen Flohmarkt in München (Rotkreuz-Flohmarkt) wo Personen, die denken, dass ihre liebgewordenen Gegenstände zu schade zum Wegwerfen sind, versuchen diese zu verkaufen. Er meint nur ein Bruchteil davon wird verkauft, der Rest ist für andere effektiv Müll. Wenn ich unseren Kirchenflohmarkt ansehe, auch da brauchen wir immer einen Container für die vielen überflüssigen Produkte. Es tut einem weh, weil die ja eigentlich noch gut sind, aber es will sie nun mal keiner mehr. Wir machen da Denkfehler, die uns im Grunde das Leben schwer machen.

Wir meinen, dass die Gegenstände ja noch wertvoll wären, aber wir wollen sie los werden, also sollen andere diese auch als wertvoll empfinden, Denkfehler Nr. 1. Für andere (auch für mich wenn ich über Flohmärkte laufe) ist das Müll!!! Wir denken wir würden die eingelagerten Sachen irgendwann mal gebrauchen können. Tatsächlich suchen wir oft stundenlang bis wir die Teile wiederfinden, meist haben wir sie so effektiv weggeräumt, dass sie erst wieder auftauchen, wenn wir sie nicht mehr benötigen. Denkfehler Nr. 2, wir kaufen schneller nach anstatt stundenlang zu suchen.

Vor allem wenn man Sachen besitzt, die so langsam an die 30-40 Jahre auf dem Buckel haben, da zu meinen das interessiere noch jemand! Wenn es Bücher sind, dann enthalten sie Worte, die man heute in unserer sprach intoleranten Zeit, nicht mehr aussprechen darf, auch sind die Probleme mit denen sich frühere Generationen rumgeschlagen haben, der heutigen Generation völlig fremd. Wer weiß ob überhaupt Kinderbücher, die wir Babyboomer gelesen haben, von den heutigen Kindern noch verstanden und spannend empfunden werden. Am schnellsten fällt einem das überholt sein, bei den Elektrogeräten auf. Da kann ein gut funktionierendes 13 Jahres altes Tablet nicht mehr richtig benutzt werden, weil dafür keine Updates mehr vorhanden sind. Schon habe ich unfreiwillig Müll und muss ein neues Gerät kaufen, weil das Alte bei den einfachsten Apps streikt, da kein update mehr gemacht werden kann. Denkfehler Nr. 3. denn der Wert und die Langlebigkeit eines Produkts geht schon mit dem Kauf verloren... da geht nichts mehr mit reparieren usw.

Was hat mich aber bei dem Entrümplungsguru so überzeugt hat, ist dass es mir klar gemacht hat, dass wir eine gut funktionierende Recycling-Wirtschaft haben und somit die nicht gewollten Produkte in einen Kreislauf eingehen und neues entstehen kann und das genauso wertvoll ist, wie wenn man die Produkte weiternutzt.

Und was bedeutet das für meine persönlichen (teuren) Luxusmöbel? Sie haben Glück, dass wir diese seit 30 Jahren nutzen und sie meinen Kindern noch gefallen. Aber auch sie werden ihren Zenit überschreiten und in das Kreislaufsystem eingehen und als Müll, in neuer Form wieder in Erscheinung treten können.

Naja es wird schon noch ein Weilchen dauern, bis mein Bauch vollständig überzeugt ist. Bis dahin entrümple ich nur, wenn ich Platz für neues brauche.



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