Ersatz- oder auch Herzens-Großeltern - wie wichtig sie sind

Es wird gerade etwas viel um mich herum gestorben. Nun ich bin in dem Alter, in dem das Wegstreben anfängt, auch wenn jetzt erst die Generation um die 80 davon betroffen ist.  

Gestern ist die Ersatzgroßmutter meiner Kinder beerdigt worden und vorgestern war der 9. Todestag meines Mannes. Sie ist 86 Jahre alt geworden, wie der Pfarrer sagte schon über das biblische Alter hinaus. Bei dem nachfolgenden Leichenschmaus, traf ich dann ehemalige Mitbewohner aus unseren Haus und Nachbarn von damals. Die Mitbewohnerin, war eine alleinerziehende Mutter eines kleinen Mädchens gewesen. Und es stellte sich heraus, dass dieses Mädchen auch immer bei Frau Zultner und Ihrem Mann war, auch hier waren sie Ersatzgroßeltern, wenn die Mutter arbeitete. Zusätzlich stellte sich heraus, dass das Mädchen Krankenschwester geworden war und auf der Station pflegte auf der mein Mann gestorben ist. Also quasi den Tod meines Mannes begleitet hat. Wie klein doch die Welt ist. Wir stellten außerdem fest, dass der Vater der anderen Familie, die noch mit uns im Haus wohnte auch schon lange verstorben ist, sowie unser damaliger Vermieter. All diesen Männern war kein langes Leben vergönnt, wie anders ist das in meinem jetzigen Wohnort, da leben noch über 90 jährige in einem Reihenhäuschen mit vielen Treppen. Soweit von den Toten.

Aber kommen wir zu den Ersatzgroßeltern zurück. Mein Mann und ich hatten nie das Glück auf Großeltern zurückgreifen zu können. Meine Eltern waren gestorben, seine Eltern interessierten sich nicht für unsere Kinder. Die Kinder haben so auch nie eine Beziehung zu ihnen aufbauen können. Ich weiß auch nicht ob die Mutter meines verstorbenen Mannes überhaupt noch lebt. Diese "Familie" ist mit dem Tod ihres Sohnes aus unserem Leben verschwunden. Geblieben ist aber immer Frau Zultner, die ihre Xenia (meine Tochter) liebte.

Diese ganz moderne Form der Großelternschaft wie ist sie entstanden?

Nun wir zogen in diesen Ort als unser Sohn knapp ein Jahr alt war. Gegenüber von unserem Haus war ein älteres Häuschen mit Garten in dem immer ältere Personen gewohnt haben. Zuerst ein Witwer, zu dem die Kinder der Straße nicht so gegangen sind, der ihnen aber auch wohlwollend gegenüber stand. Als alle mal seinen Zaun mit bunter Kreide bemalt hatten, mussten alle gemeinsam den Zaun auch wieder sauber machen, das machte genauso viel Spass wie den Zaun zu bemalen. Dieser Herr zog zu seiner Tochter und Frau Zultner und ihr Mann zogen ein und damit hatte unser Haus eine Oma bzw. Großeltern. Die Kinder durften rein zu den Zultners, diese hatten eine kleine geschützte Terrasse auf der ganz viele Küchen arbeiten gemacht wurden. Das Ehepaar kam ursprünglich aus Siebenbürgen, sie waren quasi Selbstversorger und so musste immer irgendwas geerntet oder eingemacht werden. Und die Kinder halfen freiwillig mit, das war spannender als all das Spielzeug, das sie hatten. Die Zultners spielten aber auch mit den Kindern Karten und waren einfach mit Liebe und vor allem mit Zeit für diese Kinder da. Nicht wie wir Eltern, die alle durch die Erwerbsarbeit abwesend waren. Ich war immer fasziniert wie wenig es braucht, damit Kinder glücklich sind. Zeit, liebevolle Zuwendung, sie mitmachen lassen und auch eine Aufgabe geben. Natürlich sind Großeltern immer etwas anderes als Eltern, sie können nachsichtig sein, müssen nicht die anstrengenden Seiten der Kinder ertragen. Aber ich glaube, dass solche Zuwendung ganz wichtig für den weiteren Lebensweg ist. 

Unsere moderne Gesellschaft macht solche Erfahrungen schwieriger, Großeltern leben oft ganz weit weg oder haben auch kein Interesse an ihren Enkeln, wie es bei uns war. Bei uns war es ein Glücksfall, dass es sich so ergeben hat mit der Fam. Zultner. Auch davon kann man heute nicht mehr ausgehen. Deshalb vermitteln heute Institutionen, z.B. das Seniorenbüro in Heilbronn, Ersatzomas und das ist nicht so einfach, denn es muss einfach passen zwischen der suchenden Familie und den "Ersatzgroßeltern".  Aber es gibt sie die (meist) Ersatzomas, die der heutigen Kindergeneration die unbedingte Zuwendung und großelterliche Liebe geben.


Frau Zultner die Herzensoma bei der Beerdigung meines Mannes 2014


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