Kreuziget ihn, kreuziget, kreuziget... die Passions...zeit
Es ist kurz vor Ostern und die verschiedenen Passionen werden in den Chören gesungen. Gestern haben wir die Johannes-Passion von Bach gesungen und am Karfreitag werden wir die Markus-Passion von Reinhard Keiser singen. Ein wesentlicher Gesangsteil ist, wenn das Volk schreit, dass Jesus gekreuzigt werden soll. Es ist so aggressiv, so vernichtend, so kompromisslos, so zerstörerisch.
Das berührt mich immer sehr, weil es für mich gerade ein Sinnbild ist, wie wir momentan in weiten Bereichen miteinander umgehen. Die Kriege, die wir gerade in der Ukraine haben und in Palästina. Das ist auch so kompromisslos, so verachtend, Rache- und Eroberungsfeldzüge. Was zählt da der einzelne Mensch, der zufällig in dieser Region lebt und seine Heimat liebt, er wird überhaupt nicht beachtet, muss um sein Leben bangen, weil Ideologen sich vermeintlich heere Ziele in den Kopf gesetzt haben und einen Teil des Volkes hinter sich bringen konnten und sie schrien KREUZIGE IHN, KREUZIGE, KREUZIGE...
Man hat aber nicht nur in der Arbeitswelt den Eindruck, dass sich der Umgang untereinander verändert hat. Es scheint, als ob nach Corona und den ganzen Maßnahmen, die da angeordnet wurden, die Menschen noch ICH-zentrierter geworden sind. Man zieht sich in kleinste Einheiten (Familie & Freunde) zurück und der Rest ist einem egal. Man achtet sehr genau auf seinen Vorteil und ist zu Kompromissen kaum bereit. Gemeinsames Eigentum wird mutwillig zerstört, auch auf dem Land. Ich finde es schrecklich mit anzusehen, wie in den Wartehäuschen der Stadtbahnen die Glasscheiben rausgeschlagen oder mit Essen beschmiert werden. Müll wird achtlos weggeworfen, so dass freiwillige Putzkolonnen im Frühjahr losziehen müssen und Müll-Berge entsorgen. Haus- und Sperrmüll wird in den Weinbergen und Wäldern entsorgt... Es scheint, als ob überhaupt keine Wertschätzung gegenüber, der zur Verfügung gestellten gemeinsam nutzbaren Infrastruktur da ist.
Gleichzeitig amüsieren wir uns was das Zeug hält, eine Comedy-Veranstaltung nach der anderen, alle möglichen Märkte und sonstige Zerstreuungsmöglichkeiten. Aber alles wirkt ein wenig schaal, ein wenig überholt, weil die Märkte weniger bunt, die Innenstädte verödeter, die Sehenswürdigkeiten überlaufener, alles irgendwie anders geworden ist. Das ist im Grunde spannend, aber irgendetwas fehlt... man kann es nicht genau beschreiben ... deshalb leben wir nach dem Motto weiter so ... auch wenn es schaal ist.
Es kommt mir manchmal vor als ob wir einen Tanz auf dem Vulkan machen und ich muss an Klaus Manns Roman Der Vulkan denken.
Die Metapher des Vulkans taucht mehrfach in dem Buch auf, so beispielsweise im Dritten Teil (1937–1938), viertes Kapitel. Darin kommentiert die Exilantin Marion von Kammer den Anschluss Österreichs: „Man lässt das Scheußliche rasen, zerstören, sich austoben! Als wäre es eine Naturkatastrophe! Als lebten wir auf einem Vulkan, der Feuer speit! Es gibt keine Hilfe. Jeder wartet, ob es ihn trifft.“
https://austria-forum.org/af/Bilder_und_Videos/Historische_Bilder_IMAGNO/Zasche%2C_Theodor/00118842 |
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