Penelope - über das Warten in Gesellschaft

"Penelope webt am Totentuch"
Marseille 1976/77
Als ich nach der Schule in Marseille war, verglich mich meine damalige Chefin mit Penelope. Ich weiß nicht mehr wie sie drauf kam. Vielleicht durch ein Bild, da ich oft am Esstisch saß und auf das Meer hinaus sah. Vielleicht sah ich aus als ob ich auf Odysseus warten würde. Ich hatte auch was geheimnisvolles für sie, da ich wenig erzählte und viel unterwegs war. So eignete ich mich als Projektionsfläche auf der man alles mögliche vermuten konnte.

Aber das Bild der Penelope ist wirklich nicht schlecht. Heute warte ich wieder. Während meiner Studienzeit wartete ich auf den Menschen, mit dem ich Leben kann. Er kam ja dann auch. Und jetzt warte ich auf meine Kinder...

Wie Penelope habe ich einen Hausstand zu versorgen, dieser Hausstand besteht aus Personen die nicht immer anwesend sind, die sich auf die Reise begeben, in der Gewissheit bei der Rückkehr wieder ein zuhause vorzufinden. Sie erleben Abenteuer, reifen und vielleicht wollen sie auch wieder nach Hause. Odysseus war ständig auf der Fahrt nach Hause, wurde oft aufgehalten, in die Irre geführt, aber letztendlich erreichte er doch wieder Itaka. Was fand er vor? Einen erwachsenen Sohn und eine Frau die einen riesigen Hausstand führte. Die Frau belagert von von Freiern, an denen sie aber kein Interesse hatte, weiß der Kuckuck warum. Vielleicht gefiel ihr das freie selbstbestimmte Leben, das sie durch ihr Warten auf Odysseus führen konnte, vielleicht war er der "Mann" für sie und sie wollte keinen anderen haben, vielleicht wollte Telemach keinen neuen Vater ... nun in der Sage war sie treu und steht für eine aktive, wartende Frau.

Auf wen warte ich, wer ist mein Odysseus? Nun ich glaube das sind inzwischen meine Kinder. Zeno der Weltenbummler, den es in die weite Welt zieht, nur weit weg. Der mutig seinen Weg geht, der aber sein Itaka auch sehr schätzt. Telemach ist meine Tochter, die noch hier weilt, deren Vater weg ist und die ihn schon sehr vermisst. Auf seine Rückkehr hoffen kann sie nicht mehr, er ist nun mal leider tot. Auch sie wird irgendwann gehen. Auf was warte ich dann....

Vielleicht liebe ich ja das aktive, tätige Warten. Das einem immer die Hoffnung gibt, dass was tolles noch kommen wird für das es sicht lohnt zu warten. Man ist aber gleichzeitig nicht verhindert alle möglichen Dinge in der Wartezeit zu unternehmen. So ist man mit vielen Menschen zusammen, erlebt interessante Sachen, aber der innere Zustand ist der des Wartens auf das Tolle, auf das Schöne das da kommen wird. Wird man gefragt was das ist, kann man es schwer beschreiben. Wenn es dann da ist, merkt man es sofort und greift zu. (Wie schon öfters in meinem Leben.)

 Wie Penelope und Odysseus schliesslich doch noch zueinander fanden

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