Kirchen - ein Aufenthaltsort für Sänger und Musiker

Als ich Kind war, gab es hauptsächlich zwei Konfessionen in Deutschland: Evangelisch und Katholisch. Sogenannte Mischehen zwischen den Konfessionen waren verpönt, man versuchte unter sich zu bleiben. Meine Eltern gehörten aber zu den Personen, die sich nicht daran hielten und so heiratete eine geschiedene katholische Frau einen evangelischen Junggesellen. Das waren gleich Übertretungen in mehrfacher Art. Ich wurde dem Wunsch meines Vaters erfüllend evangelisch getauft, mein Bruder und meine Mutter waren katholisch. Meine Eltern gingen beide nicht in die Kirche, man ließ sich dort nur zu den religiösen Großveranstaltungen wie Hochzeiten, Taufen und Kommunionen sowie Konfirmationen blicken. Der sonntägliche Kirchgang war bei uns nicht üblich und ich ging aus Langeweile mit den anderen Kindern in die Kinderkirche.

Kilianskirche in Sülzbach
Außerdem sang ich im Kinderchor und so lernte ich, dass man an kirchlichen Festtagen, wie Weihnachten, in der Kirche für die Gemeinde singt. Als ich dann als Erwachsene anfing im Chor zu singen, fing auch das Singen an Festtagen in der Kirche wieder an. Ich war inzwischen schon jahrzehntelang aus der Kirche ausgetreten, bin aber trotzdem als Musikliebhaberin ständiger Gast in den Kirchen:

  • Stadtkirche Böblingen
  • Dorfkirche in Sülzbach (wo ich jetzt lebe)
  • Vaterunser Kirche in Willbach
  • Johanneskirche in Weinsberg
  • Kilianskirche in Heilbronn
  • Wichernkirche in Heilbronn
Die Kinder hatten mit ihren Orchestern ebensfalls Auftritte in Kirchen:
  • Dyonisuskirche in Neckarsulm
  • Amorbachkirche in Neckarsulm 
Sie sind schon etwas besonderes diese sakralen Räume, sie haben eine eindringliche Wirkung, die mit zunehmenden Lebensalter auch stärker auf einen einwirken. Es wirkt das Wissen um die Generationen von Menschen, die an diesem Ort genau dasselbe machten. Es wirkt der Raum, der durch seine Form, Höhe und Ausgestaltung Ehrfurcht und Achtung hervorruft. Meist sind diese Gotteshäuser auch Oasen der Ruhe in einer vom Verkehr umtobten Welt (wirklich ganz erstaunlich, dass der Lärm meist draußen bleibt).

Wenn man dann als Sänger drin sitzt, ist man oft Teil des Gottesdienstes. Man ist erstaunt, wie sehr man die Rituale noch beherrscht (obwohl man schon jahrelang der Kirche fern ist). Im Grunde weiß man genau was in diesen vor einem liegenden Minuten passieren wird und man erlebt ein Gefühl von Beständigkeit, das war schon so bevor man lebte und wird auch nach dem eigenen Tod weiter so sein. Man mag auf manche Riten etwas befremdet reagieren, wenn man jeweils einer anderen Konfession angehört. So hatte für mich als Kind der katholische Gottesdienst immer etwas mit Zauberern zu tun, das lag daran, dass ich keine bunten Meßgewänder kannte, dass Weihrauchschwenken mir fremd war und ich manches einfach nicht verstanden habe. Ich war den nüchternen evangelischen Gottesdienst gewöhnt, bei dem man lange Predigten über sich ergehen lassen musste. Heute wenn ich während unserer Gottesdienstauftritte zuhören muss, finde ich sie eigentlich ganz interessant. Ich bin dann im Grunde ganz gern in der Kirche, die für mich eine Mischung aus wunderbarer Architektur, Bewahrung von Ritualen sowie ein Ort der Kontemplentation für kurze Zeit ist.

Musiker nutzen die Kirche als Auftrittort, selten sind sie in Gottesdienste eingebunden. Hier werden Konzerte gegeben, wobei man die Akkustik der Kirche sowie die sinnliche Ausgestaltung der Kirche nutzt. Auch wir hatten mit Cantiamo Sülzbach oder mit dem Philharmonischen Chor in Heilbronn diese Kirchenauftritte. Konzerte lassen diese Kontemplation nicht zu, da die Musik im Vordergrund steht, aber sie haben trotzdem eine ergreifende Wirkung, da der Raum auch nur die Aufführung bestimmter musikalische Werke zulässt (Messen, Oratorien, Gospels, Friedenslieder).

http://www.tagblatt.de/Nachrichten/Bilder/Die-Wichernkirche-der-Heilbronner-Friedensgemeinde-ist-eine-101829h.jpg
Wichernkirche Heilbronn - klicken
Besonders beeindruckt hat mich heute die Wichernkirche in Heilbronn, die ganz schlicht aus den Schuttsteinen, des zweiten Weltkriegs erbaut und nicht sofort als Kirche erkennbar ist.

Die Welt wäre ärmer wenn es keine Kirchen / sakrale Räume mehr gäbe, selbst für einen kirchenfernen Menschen.

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