Lernen kann man auf viele Arten - das Elend mit Autodikakten
Ich bin in der Weiterbildungsbranche beruflich gelandet und erlebe nun einen Stopp; da wir in Zeiten von Corona keine Präsenzschulungen machen dürfen. Also versuche ich mich schlau zu machen, wie die Wissensvermittlung trotzdem stattfinden kann und wie wir bei einer Klientel, die nicht sehr computeraffin ist, trotzdem noch tätig sein können.
Wir haben durch das Angebot des Homeoffice erfahren, auf welche Probleme man stößt, dass z.B. häufig in den Wohnungen gar kein Computer und Internet mehr vorhanden ist, die Menschen erledigen alles über's Handy oder Tablet. Also muss auch die Schulung über Handy oder Tablet funktionieren können. Diese Aufgabe fasziniert mich.
Das ist die unterrichtende Form, bei der ein Lehrer/Trainer das Wissen vermittelt.
Es gibt aber auch andere Formen des Lernen, die selbst gesteuert und erfahrungsbasiert sind. Wenn ich meine Lernbiographie betrachte, war das im Grunde immer die Form wie ich mir dauerhaft Wissen angeeignet habe. Da war zuerst das Interesse an einem Themengebiet und ich habe angefangen mich einzulesen. Danach habe ich weitere Literatur zu demselben Thema mir gesucht und all das was überschneidend oder einzigartig war, das habe ich mir gemerkt. So kannte ich z.B. die aberwitzigsten psychologischen Tests, nur weil mich deren Existenz beeindruckt hat, und ich mich fragte wie man auf die Idee kommen konnte, solche Test zu entwickeln. Alles was mich fasziniert, das kann ich mir sehr gut merken, der Rest prallt an mir ab und wird sofort wieder vergessen. Dinge einfach nur pauken, das funktioniert bei mir nicht, das habe ich schneller vergessen, wie ich es mir mühsam versucht habe beizubringen.
In der Schule dauerte es ein Weilchen bis ich gute Noten bekam, das lag daran, dass sich aus meiner Familie niemand darum kümmerte ob ich lernte oder nicht. Erst als ich anfing sehr viel zu lesen wurden meine Schulnoten besser. Wenn mein Vater versuchte mit mir zu lernen, war es jedes Mal eine einzige Katastrophe. Trotzdem habe ich sehr viel durch meinen Vater gelernt, denn er interessierte sich, z.B. als ich in der Wirtschaftsschule war, sehr für die betriebswirtschaftlichen Themen und so habe ich ihm immer erzählt, was ich gerade gelesen hatte. Besser konnte ich nicht lernen, als durch das Wiedergeben dessen was ich gerade "gelernt" / erfahren hatte. Ich merkte mir auch sehr stark was mir mein Vater an Tipps und Ratschlägen mitgab, habe diese aber nie sofort umgesetzt, sie schlummerten in einer Art "Notfallkiste" aus der ich (bis heute) für jede Situation eine Lösung herausziehen konnte. Auch von meiner Mutter habe ich auf diese Art und Weise Erfahrungen mitgenommen.
Momentan verzweifelt mein Freund an mir, da er mir laufend Tipps gibt, damit ich beim Bogenschießen besser werde. Er liebt es anderen weiterzuhelfen, ihnen zu sagen, was sie besser machen können, wie sie erfolgreich werden. Viele setzen es auch um und sind dankbar darüber. Bei mir funktioniert das nicht. Ich schaue mir auch so gut wie nie von anderen was ab, es sei denn mich fasziniert irgendetwas daran, dann versuche ich es auch. Ich könnte nie ein Sportler werden, der von Trainern nach vorne gepuscht wird. Das prallt alles an mir ab und ich bin nicht fähig, diese Tipps bewusst umzusetzen. Unbewusst mache ich garantiert einige Dinge richtig, aber das ist nicht steuerbar, das ist dann von der Tagesform abhängig.
Ich mache vieles intuitiv und über Faszination. Ich fühle mich in Situationen ein und erkenne so die Strukturen und was ich machen sollte oder machen könnte und suche mir danach die nötigen Informationen gezielt. Auch bei meinem Hobby spielen, ich gewinne selten ein Spiel beim ersten Mal, da sind mir die Strukturen, die Abläufe im Kopf unklar, aber wenn ich das Spiel erlebt habe, dann besteht die große Chance, dass ich gezielter an die nächste Spielepartie herangehe. Wir üben immer auf die Brettspielemeisterschaft, bei vielen Spielern hilft das, bei mir leider nicht unbedingt. Ich kann mich dann schneller auf die verschiedenen Spielsituationen einstellen, aber besser werde ich deswegen absolut nicht.
Es gibt für mich auch keinen Lehrer an den ich mich besonders erinnere, da Lehrer für mich nie eine Bedeutung hatten. Ich habe mich meist selbst durchgewurstelt, halt oft autodidaktisch gelernt und da ich gerne gelesen habe, hat das alles auch ganz gut funktioniert.
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