Eine fast Entführung - gemischte Gefühle

Ein Kinobesuch hat uns überrumpelt und zum nachdenken gebracht. Für Menschen im Rollstuhl ist es gar nicht so einfach am "normalen" Leben teilzuhaben. Man glaubt es nicht wie viele Schwellen es im Alltag gibt, die zu überwinden sind und die einem nicht behinderten Menschen noch nicht mal auffallen. 

Da waren wir letztes Jahr im Freiluftkino, alles ebenerdig gut mit Rollstuhl zu erreichen, aber ausgerechnet beim Zugang zu den Essenständen im Weingarten, war eine Bohle gelegt, die man normalerweise noch nicht mal wahrnimmt, die für uns dann Schlussendlich ein Hindernis wurde. Wir mussten unserer Freundin im Rollstuhl darüber hinweg helfen, obwohl sie eine sportreibende Rollstuhlfahrerin ist und so gut wie keine Hilfe benötigt. Mir ist da zu m ersten Mal bewusst geworden, welch kleine Hindernisse es im Alltag von bewegungseingeschränkten Menschen gibt, die Riesen Probleme verursachen können.

Als ich vor Jahren mit dem Kinderwagen in bewohnten Gebieten unterwegs war, da hatte ich schon gemerkt wie sorglos Autos auf Gehwegen parken und jegliche Kinderwägen und Rollstühle auf die Straße zwingen, weil diese auf dem Gehweg nicht mehr vorbei kommen. Damals hatte ich einen Sticker, den man hinter die Scheibenwischer klemmen konnte mit dem Aufdruck: PARKE NICHT AUF UNSEREN GEHWEGEN.

Wie oft parken sportliche Autos mit ebenso sportlichen FahrerInnen auf Behindertenparkplätze, weil die so schön neben dem Eingang des Einkaufsladens sind. Seit vor Jahren mir eine Frau, die MS hatte und bewegungseingeschränkt war, ihr Leid geklagt hatte, wie viele auf den von ihr dringend benötigten Parkplätzen parken, die nicht behindert seien und locker weitere Wege bewältigen könnten, achte ich bewußt darauf. Als ich vor ein paar Tagen einen jungen Mann darauf angesprochen hatte, wurde ich noch blöd angemacht und darauf hingewiesen, dass diese Parkplätze für Menschen seien, denen der Fuß weh tue und sein Fuß täte weh, darauf sprintete er sportlich zum Einkaufsladen. Manche Menschen sind respektlos und im Grunde im Kopf behindert. Die können sich nicht vorstellen, dass man manchmal auch erst im Laufe des Lebens zu einer Behinderung kommen kann und dann auf solche Parkmöglichkeiten angewiesen ist.

Aber kommen wir zum Titel des heutigen Beitrags. Da gehen wir ins Kino, eine Rollstuhlfahrerin und ich. Wir möchten in einen bestimmten Film, bei dem sich herausstellt, dass es schwierig werden könnte mit dem Rollstuhl ins Kino zu kommen. Wir fragen gerade noch nach, welcher anderer Film denn dann in Frage käme, damit wir mit dem Rollstuhl reinkommen. Da kommt ein Mann aus einer - für uns - dreier Gruppe von Männern auf uns zu und meint, weshalb wir denn ein Problem hätten er sei da und würde uns helfen, mit dem Rollstuhl genau in dieses Kino zu kommen. Wir freuen uns, ich kaufe die Eintrittskarten und als ich mich umdrehe, war meine Freundin im Rollstuhl verschwunden. Also ging ich auf die Suche nach ihr bis ich sie in dem Kinosaal, in dem der Film gezeigt werden sollte, fand. Als ich den Saal betrat, saß sie schon auf einem Kinositz, bzw. war noch am aushandeln mit unserem "Helfer" wie sie am besten auf den Sessel kommt. Sie hatte richtig zu tun, ihm klar zu machen, wie man aus einem Rollstuhl auf einem Sitz umsteigt. Es klappte, wir stellten dann fest dass der Platz Sichtbehinderungen hat und wollten uns mit Hilfe von Super-Mario wie er sich nannte nochmals umsetzten. Dieses Mal klappte es problemloser. Überrumpelt wie wir waren, bot ich ihm als Dankeschön an, dass wir ihn zu etwas einladen. Er wünschte sich Popcorn und Cola. Der Mensch war sehr aufgedreht und störte quasi bis zum Filmstart dann wurde es einem anderen Kinobesucher, zu viel und er holte die Aufsicht, danach war Ruhe. Als der Film zu Ende war, brauchten wir ja wieder Hilfe, da war Super-Mario wie umgedreht, er schien am Boden zerstört, half uns wieder beim bewältigen der Stufen, fuhr aber meine Freundin in einem Affentempo aus dem Kino ins Freie und hat sie quasi einfach draußen abgestellt. Ich hechtete mit ihren Taschen und Jacke hinterher. Wir waren richtig entsetzt. 

Wir hatten zwar "kräftige" Hilfe bekommen, sind aber vollkommen überrumpelt worden und hätten wenig Chancen gehabt, wenn er mit ihr einfach auf und davon gefahren wäre. Sie wär ihm ausgeliefert gewesen und ich bin nicht schnell genug nachgekommen. Das war für uns beide ein sehr schales Gefühl, der Freude über die Hilfe ist ein später dem Entsetzen gefolgt. Der Mann wollte wohl umsonst ins Kino und hat uns benutzt. Dadurch dass er uns überrumpelt hat und es hat gedauert bis wir begriffen haben, dass die Situation auch hätte gefährlich werden können. In einem Kino, in dem viele Menschen sind erwartet man sowas am aller wenigsten.

Was haben wir daraus gelernt? Immer darauf achten, dass man nicht plötzlich getrennt wird, denn nur so kann man sich gegenseitig helfen, anders wäre jede von uns ausgeliefert gewesen. 

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