Neue Kleider - wohin mit den Alten?

Heute waren wir in dem Waldenbucher Museum für Alltagkultur. Ein nettes Museum, wo man viele Dinge auch aus meiner Kindheit und Jugend finden kann.

Museum der Alltagskultur

Unter anderem wurde gezeigt, wie man früher alles aufhob, weil es ein wertvoller Ersatzstoff war, wenn etwas kaputt ging. Es erinnerte mich an meinem Vater, der alles aufhob, quasi ein Rohstofflager aufbaute. Wenn er etwas reparieren musste, hatte er immer Materialien in der Hinterhand, mußte nicht unbedingt in den Baumarkt stürmen (gab es damals auch noch nicht - da existierten noch Eisenwarenhandlungen). Damals wurde auch nicht alles ein Gros verkauft, man konnte noch einzelne Schrauben und Nägel bekommen. Heute kauft man, wenn man einen Nagel braucht, immer ein Paket mit mindestes 20 Nägeln...

Unter anderem wurden in diesem Museum auch Kleidung und Trachten gezeigt. Wer trug was, bzw. wer durfte, was tragen.... und es wurde die Entwicklung der Konfektionsware gezeigt. Bleyle und seine Strickkleider, Unterwäsche, Vermessung des Körpers, damit überhaupt erst Konfektionsware produziert werden kann.

Als ich noch jünger war, kaufte man sich bereits Kleidung (Konfektionsware), aber die war immer noch teuer und selber nähen war eine Möglichkeit, günstig zu modischer Kleidung zu kommen. In meiner Kindheit wurden mir neue Kleider aus alten Kleidern meiner Tanten gemacht und das sah im Grunde auch ganz gut aus.

Als junges Mädchen nähte ich viel selber, Stoffe waren billiger als fertige Kleidung, die Teile waren modisch und sahen hübsch aus. Trotzdem kamen mir die Kleider wertloser vor, weil sie selbstgenäht waren, ich wollte halt auch gerne mal eine echte Lewis (konnten wir uns oder wollten sich meine Eltern nicht leisten.)

mit meiner Mutter 1964 -
eines der recycelten Kleider
Heute kann meine Tochter noch nicht mal mehr einen Knopf annähen, ich habe es ihr aber auch nicht beigebracht. Dafür kennt sie alle Marken und kauft - wie alle Mädchen - zu gerne Klamotten. Sie hätte gerne teuere Markenklamotten, aber wir können und wollen es uns nicht leisten. Ihr Umgang mit Kleidung ist allgemein ganz anders als meiner / evtl. der meiner Generation. Kleidungsstücke, die ihr gefallen, werden ständig angezogen, wenn sie ihr nicht mehr gefallen, trennt sie sich problemlos von ihnen, sie kommen in den Kleidersack.

Meine Generation hatte noch "Sonntagskleider" und Alltagskleider. Sonntagskleider wurden so selten getragen, dass sie meist noch nagelneu aussahen, wenn sie altmodisch wurden, dann mußten sie als Alltagskleidung aufgetragen werden. Jedes Kleidungsstück wurde durchgegangen, ob es noch tragbar ist oder nicht. Natürlich war es immer noch tragbar und somit konnte man sich nicht von dem Kleidungstück trennen bzw. es loswerden.

Inzwischen habe ich einen Kleiderschrank voll mit noch "tragfähigen" Klamotten, die sogar noch passen, aber halt keine Lieblingsstücke mehr sind. Meine Tochter würde sich ohne Probleme davon trennen, aber ich... das kostet Überwindung - und warum?  Man könnte sie ja nochmals brauchen, vielleicht zum Kellerentrümplen oder so... schwer nachvollziehbar für moderne Menschen.
in München 1964 - ein weiteres von meiner Tante genähten Kleider


Im Museum nannten sie sowas Zeitsprünge... mein Zeitsprung findet ständig statt, indem ich in meine Jugend zurückspringe und notorisch Dinge aufhebe, weil es ein Wertstoff für eine spätere Verwendung sein könnte.

Sammeln in Überflusszeiten hat nichts mehr mit Wertstoffen zu tun, da ist es dann leider Vermüllung!!!  Sehr selten verwenden wir etwas nochmals, die Wohnungen werden aber trotzdem so vollgestopft, als ob es noch Wertstoffe wären.

Für mich ist es schon ein Fortschritt, dass ich über ebay die Wertstoffe wieder verwerte... (da kommt die Krämerseele meiner Großmutter wieder hervor)....


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