Auf der Alb – ZOCKEN (frisch verwitwet)
Wie jedes Jahr, gehe ich nach Pfingsten mit meiner Tochter
eine lange Spielewoche auf der Schwäbischen Alb. Wir haben uns immer sehr
darauf gefreut, ich auf das intensive Spielen, meine Tochter auf all die Leute,
die wir dort kennen und mit denen wir was zusammen machen können.
Wir fuhren auf die Alb und mein Mann saß zu Hause über
Prüfungskorrekturen, wenn wir dann wieder nach Hause kamen, wartete immer leckeres
Essen und mein Mann auf uns, dem man viel erzählen konnte.
Dieses Jahr ist alles anders. Dieses Jahr wartet niemand auf
uns zu Hause, außer einer Wohnung, die verkleinert und einer Arbeit, die
gefunden werden muss.
Man sollte ja jetzt meinen, dass man im Urlaub vergessen
kann, schließlich ist man weit weg von zu Hause, in einem anderen Umfeld, wo
nichts an den Verstorbenen erinnern könnte, man ist unter vielen Leuten,
ständig abgelenkt. Trotzdem hat das Leben einen ganz schaalen Geschmack, man
fühlt sich trotz allem so weit entfernt von allen anderen Menschen. Sie sind so
fröhlich, in ihrem Leben ist noch alles möglich, sie strotzen vor Tatendrang
und Lebenslust. Alle haben Ziele, Pläne und das Leben scheint noch unendlich zu
sein. Der Tod gehört nicht zu ihrem Leben. Ich sitze daneben, wie ein Clown.
Für mich waren die traurigsten Figuren im Zirkus schon immer die Clowns. Allein
ihr Gesicht fand ich schon immer so traurig und alle lachten über sie, bzw. sie
brachten durch ihre Schusseligkeit und Missgeschicke alle Zuschauer zum Lachen.
Ich dachte immer: Sieht denn niemand wie
tief traurig diese Figuren sind, in welcher Not sie stecken. Es tat mir
immer weh Clowns zu sehen.
Ich lache und scherze, aber alles mit angezogener Handbremse
und viel Distanz. Ich frage mich ständig, was ist eigentlich wichtig im Leben,
wie kann ich meine zu Gegenständen gewordenen Erinnerungen behalten, warum
musste ausgerechnet mein Mann gehen, warum durfte er nicht mehr Leben, wer
wartet noch auf mich, warum lebe ich noch?
Terrassenblicke |
Selbst spielen, meine Leidenschaft, ist traurig, hilft nicht
auf Dauer zu vergessen. Die Alb ist wie üblich kalt, was uns Spielern nichts
ausmacht, da wir sowieso ständig am Spielen sind und selbst schönes Wetter und
traumhafte Landschaft einfach ausblenden. Wir tauchen ein in unsere
Spielethemen, fechten unsere „Kämpfe“ aus, besiedeln Landschaften, handeln was
das Zeug hält, begeben uns in die Zukunft und und und… genießen es eine Woche
intensiv unserem Hobby nachzugehen.
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