Schlüsselkind - Wer kennt das noch?

Darüber wollte ich vor einem Jahr schreiben, mit einem ganz anderen Inhalt als heute. Vor einem Jahr planten wir unsere USA-Reise, waren gespannt was uns erwarten würde, freuten uns auf unsere ganz große Reise.

Ich war ein Schlüsselkind, was bedeutete das?

Das bedeutete, dass die Eltern beide arbeiten, kein Mensch zu Hause war und damit das Kind in die Wohnung konnte, wurde ihm ein Schlüssel um den Hals gehängt (damit der ja nicht verloren ging). Oft trieb ich mich auf der Straße herum, da waren wenigstens Menschen, die Wohnung war total leer. Der Parkettboden knarrte, es war alles bedrohlich und einsam, da ja niemand da war.

Gestern hörte ich dann einen Vortrag von einer Frau, die ein Buch über die gleichberechtige Ehe geschrieben hat. Sie will mit diesem Buch jungen akademischen Frauen Mut machen, dass sie trotz Kinder im Beruf bleiben sollen und will Tipps geben, wie eine gleichberechtigte Ehe gestaltet sein muss. Alles schön und gut, wenn das Leben immer so einfach und vor allem planbar wäre.

Bei meinen Eltern stellte sich gar nicht die Frage, ob meine Mutter zu Hause bleibt (wie gerne hätte sie das gemacht, sie hat ständig dem nachgetrauert), ohne das Einkommen meiner Mutter hätte die Familie nicht überlebt, also war ich Schlüsselkind (von denen es in meinem Umfeld nicht viele gab).

Mein Mann und ich hatten eine gleichberechtigte Ehe, trotzdem bin ich im Alter schlechter versorgt wie er es gewesen wäre. Ich war immer berufstätig (selbständig), wollte meinen Kindern das Schlüsselkinderdasein nicht antun, also bewältigten wir mit Hilfe von Tagesmüttern und mit der Selbständigkeit die Kindheit der beiden. Es ging, wir lebten ordentlich, mit vielen Abstrichen und die Kinder mussten keine Schlüsselkinder sein.

Unser Modell gehörte in die Kategorie Akademiker, die nicht übermäßig viel verdienen, die sich auch nicht die Stellen unbedingt aussuchen konnten. Auf uns hatte keiner gewartet. Dazu kam, dass mein Mann seine Kinder bewußt erleben und mit großziehen wollte und ich denke, dass das ein Geschenk ist, das die Kinder für ihr Leben mitbekommen haben. Das bedeutete Verzicht und für uns als Selbständige ständigen Überlebenskampf. Gerade noch rechtzeitig hatten wir es geschafft, dass mein Mann eine Festanstellung in seinem Beruf als Lehrer bekam. Dann fing die Asymmetrie an, ich reduzierte auf Kleinunternehmen, für den freien Markt zu alt, zu spezialisiert. Sorgen machten wir uns nicht, da mein Mann ja noch einige Berufsjahre vor sich hatte. So hatten wir es geplant, das Leben macht aber was es will und nicht was man plant...

Jetzt habe ich wieder die leere Wohnung, wie als Schlüsselkind, alle sind beschäftigt und ich darf mich wieder auf der Straße rumtreiben.

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