Tagebücher - ein sehr nützliches Seeleninstrument

wie immer im ausgehenden Winter erfasst mich eine Aufräum- und Aussortiereuphorie. Da wird der Dachboden nach überflüssigem durchsucht. Meine Arbeitsordner reduzieren sich und bei diesem Kistendurchsuchen, bin ich auf auf meine Tagebücher gestoßen. Eine große Kiste, randvoll. Wie es so ist, fängt man an ein wenig darin herumzulesen und ich war geplättet was ich wieder über mich erfahren habe.

Wie bin ich dazu gekommen, diese Tagebücher überhaupt zu schreiben?

Als ich jugendlich wurde, wurden auch die Emotionen wechselhaft. Meine Mutter beschrieb mich so, ich verstehe nicht, wo das fröhliche Mädchen geblieben ist, warum bist du so traurig es gibt keinen Grund dafür. Nun wie wir wissen gibt es für Pubertierende tausend Gründe. Also empfahl sie mir meine Gedanken, vor allem die, die mich quälen aufzuschreiben. Da meine Mutter eine sehr lebenstüchtige Frau war, habe ich es gemacht und ein Leben lang beibehalten. Die Tagebücher begleiteten und begleiten mein Seelenleben bis heute. Sie helfen mir bis heute in schwierigen Situation und haben letztendlich dazu geführt, dass ich sehr gut mit Sprache umgehen kann.

Was bieten Tagebücher dem Schreiber?

Man kann als allererstes seine subjektiven Gefühle aufschreiben, niemand bewertet diese Gefühle, sie werden nicht verniedlicht, nicht verschlimmert, sie stehen einfach da. Durch das Aufschreiben wird man gezwungen, diese Gefühle erst einmal wahrzunehmen, ihnen näher zu kommen und sie vielleicht auch zu verstehen. Schlechte Gefühle / Stimmungen haben die Eigenschaft, dass sie sich im Kreis drehen, man denkt immer wieder dasselbe, man läuft gedanklich im Kreis und kommt irgendwie nicht raus, man findet den Ausgang nicht, kann es nicht auf sich beruhen lassen. Für Zuhörer wird das recht schnell langweilig, sie kennen die Story ja schon und verstehen nicht, warum man nicht einfach aus dem Kreis heraustritt. Das geht aber nicht solange diese Gefühle nicht ausreichend durchdacht und durchlitten sind, manche brauchen Hilfe von Außen dazu. Da sollte man sich professionelle Hilfe holen, da oft eine Freundschaft durch diese ewigen Wiederholungen schwer strapaziert wird.  Das Tagebuch ist auf jeden Fall ein geduldiger "Zuhörer" und oft auch ein Befreier von negativen Gedanken und Gefühlen.

Ich bin Psychologin, für mich ist ein Tagebuch keine Dokumentation der eigenen Geschichte und dessen was man erlebt hat. Wie man oben ersehen kann ist es für mich eine Reise in das eigene Seelenleben und ein Hilfsmittel zur eigenen Stabilität. Dient zur Bewältigung von Krisen und zur Selbstfindung. Wie soll der Mensch sich selbst erkennen, wenn nicht über sich nachdenkt?

In meinen Beratungen empfehle ich oft die Gedanken aufzuschreiben. Allerdings bin ich realistisch genug um zu wissen, dass dies die wenigsten Ratsuchenden tatsächlich umsetzen. Wie schön ist es wenn man diese Aufschriebe als überwunden wegwerfen kann oder vielleicht später nochmals nachlesen kann, als Erinnerung wie man damals mit der Situation fertig wurde.

Häufig empfehle ich auch zu malen, denn auch dies ist ein guter Zugang zu den eigenen Gefühlen. Aber das wird noch weniger angenommen, denn die Schule hat mir ihrer Benotung unserer "Gemälde" den inneren Druck erzeugt, dass man schön malen müsse. Das hat aber keine therapeutische Wirkung, diese kann nur entstehen, wenn man unkontrolliert malt und sich überraschen lässt was dabei herauskommt. Häufig hat es auch ohne nachträgliche Reflektion darüber keine befreiende Wirkung. Da entstehen keine Kunstwerke, aber für den Malenden selbst haben sie enorme Bedeutung. Sie reinigen und können aus Tiefs heraushelfen.

Bei meiner Suche nach einem zum Thema passenden Bild, bin ich auf ein Archiv gestoßen...

https://tagebucharchiv.de/  ... was man nicht alles im Netz findet
                                

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