Auf dem Weg nach Hause….
Ich verlasse die Stadt, die ich als meine Heimat betrachte.
Wie kann eine Hafenstadt, die einen schlechten Ruf hat, die zwar mal
Kulturhauptstadt gewesen war, aber eigentlich immer noch wie früher ist, solch
ein Gefühl erzeugen?
warten auf den TGV, der uns nach Deutschland bringt |
In Marseille kann man leben, auch wenn man wenig Geld hat,
man fällt nicht auf, findet immer auch Einkaufsmöglichkeiten. Es ist nicht wie
in Aix en Provence, wo man im Grunde nur Eye-Shopping machen kann, wo man vor
lauter Touristen totgetrampelt wird, und man eigentlich schleunigst in die
normale Stadt flüchten sollte. Was meine ich mit normaler Stadt? Wir sind ins
Konzerthaus gegangen (Aix hat eine Musikhochschule) dort findet man schon keine
Touristen mehr. Als wir dann in der Stadtteilbücherei waren, die einen Eventtag
hatte, da waren wir garantiert die einzigen Touristen, dabei ist diese
Bibliothek direkt an dem Busbahnhof, an dem viele Touristen auch ankommen. Nun
ich hatte damals einen Studienplatz in Aix, hätte aber weiter in Marseille gewohnt,
da ich mich dort wohler fühle. (Letztendlich bekam ich in Tübingen meinen
deutschen Studienplatz und habe mein Studium in Aix nicht aufgenommen.)
Was macht Marseille nach wie vor aus? Es ist vor allem das
Meer und die Sonne, beides macht das Leben sehr viel erträglicher. Depressionen
können nicht so leicht entstehen. Dadurch, dass sehr viele Fremde dort sind und
diese auch einen großen Teil der Bevölkerung ausmachen, ist die Toleranz größer
gegenüber dem Fremden, der Anpassungsdruck nicht ganz so groß, wie in anderen
Städten. Man findet viele Menschen, die dort für einige Zeit Halt machen, ihr
Leben hier neu sortieren wollen, ohne irgendeinem Druck ausgesetzt zu sein. Oft
wird man dabei durch die Stimmung und das Lebensgefühl dieser Stadt festgehalten
und verweilt länger als geplant. Das Meer ist immer ein guter Therapeut für
alle Probleme…
…man ist außerdem noch in Europa bekommt aber schon ein
Gefühl für Afrika, vor allem Nordafrika. An allen Ecken und Enden merkt man die
ehemaligen Kolonien, Marseille war der erste Ort an dem die Menschen ankamen,
seien es Franzosen aus Indochina, seien es Franzosen aus dem Maghreb und
Schwarzafrika (les pied noir). So hat man immer auch das Gefühl schon außerhalb
Europas zu sein, obwohl man sich immer noch in dem uralten Mittelmeerraum
befindet.
Auch diese uralte Besiedelungsgeschichte macht den Charme
aus. Man kann sich wegträumen zu Odysseus, wie er mit seinen Irrfahrten
unterwegs war, man kann das Mittelalter erleben, mit den Katharern, den beiden
Päpsten, die Kargheit des Lebens in früheren Zeiten. Die Geisel Mistral, die
eigentlich immer um Ostern herum bläst und einen daran erinnert, wie stark doch
Naturgewalten sein können und wie wenig wir Menschen dagegen sind.
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