Marseille - ein Wiedersehen nach über 30 Jahren


Es ist toll, nach so langer Zeit wieder an einem Ort seiner Jugend zu sein.

Man fragt sich ob man ihn wiedererkennt, ob sich viel verändert hat und möchte gerne die alten Freunde und die alten Orte wieder besuchen.

Das mit den Freunden hat bisher nicht geklappt, aber das mit den Orten. Und was das erstaunlichste ist, es hat sich das alte Gefühl und die alte Liebe zu dieser Stadt wieder eingestellt. Natürlich hat sich viel verändert, die Stadt ist etwas sauberer, sie ist etwas moderner, die Busse sind pünktlicher...

aber die Leute sind diesselben geblieben. Die freundliche Stimmung ist gleich geblieben, der Schmelztigel ist gleich geblieben, vielleicht schmelzen sich jetzt andere Leute, aber die Stadt ist immer noch international und offen für Fremde. Nun vielleicht nicht für alle Fremden, denn der Rasissmus ist in Frankreich ebenfalls verbreitet und eben auch in dieser Stadt. Aber ich wurde immer sehr freundlich aufgenommen, man kommt generell sehr schnell miteinander ins Gespräch. Das sind die netten kleinen Unterhaltungen, wenn man auf den Bus wartet, etwas wissen möchte, wenn man irgendwo sitzt und die Sonne genießt. Die Gespräche sind locker, man jammert nicht, denn schlecht geht es allen. Natürlich sei zu meiner Zeit (1976/77) alles noch in Ordnung gewesen (ein Märchen!!!) erst heute sei es so schlimm geworden. Zu meiner Zeit waren bereits viele der Freunde arbeitslos und hatten im Grunde keine Chance in Marseille. Nur schlägt man sich hier halt irgendwie durch, man arbeitet schwarz für Kumpels, hat Familie, die einen mit unterstützt und lebt oft mit sehr wenig Geld. Hauptsache ist man kommt über die Runden und die Sonne scheint. Sie lässt alle Gemüter etwas sonniger werden.

Heute hatten wir ein nettes Erlebnis, das mich doch sehr an früher erinnerte. Wir warteten auf den Bus, der uns zu Notre Dame de la Garde bringen sollte. Der Bus kam überpünktlich. Ich mußte mein nettes Gespräch mit einer Dame über den gerade blasenden Mistral (kalter Wind) unterbrechen. Wir sprinteten zum Bus, aber der Busfahrer lies uns nicht rein, sondern signalisierte dass er in 2 Minuten  den Bus öffnen würde. Diese 2 Minuten, verbrachte er in der Bar nebenan. Inzwischen waren wir eine kleine Gruppe, die zu dieser Kirche wollten und die Franzosen fingen an sich immer mehr aufzuregen, dass zwar der Bus da sei, aber kein Fahrer. Dieser tauchte nach gefühlten 5 Minuten auf, wieder stürzten wir uns auf den Bus. Der wurde uns immer noch nicht geöffnet, da er noch 2 Minuten zum Telefonieren brauchte. Da war die Stimmung, dann schon ganz munter. Witze machten die Runde "das ist Marseille" (es waren alles Einheimische, die diese Witze machten). Wahrscheinlich telefonierte er ein wenig kürzer, aber wir waren aber alle froh endlich in den Bus zu kommen, wegen dem "Mistral". Als wir dann drinn waren hätte er noch ewig telefonieren können, wir waren ja auf dem Weg zur Pilgerstätte und da hat man Zeit. Keine Ahnung ob wir letztendlich einigermaßen pünktlich abfuhren, die Fahrt selbst war dann eine typischen Marseille-Tour. Es war Milimeterarbeit, den Bus durch die zugeparkten engen Straßen, die hoch zu Notre Dame de la Gard führen, zu fahren. Ein LKW mußte neu eingeparkt und sein Spiegel abgeklappt werden, damit der Bus überhaupt vorbeikam. Dann hatte der Bus es so eilig, dass eine Frau noch mit ihren Armen im Bus war, die Tür des Bus bereits geschlossen und er abfahren wollte. Es war wirklich eine Abenteuerfahrt, bis wir oben bei der Wallfahrtskirche ankamen.

Genauso waren 1976 meine Fahrten abends wenn ich an der Küste entlang heimfuhr, es war unsicher wann dieser Bus kommen wird, es gab zwar feste Abfahrtszeiten, die seltenst eingehalten wurden. Wie gefahren wurde konnte manchmal auch ein Abenteuer sein (genauso wie vorher beschreiben). Es hat auch was komisches was lustiges. So habe ich Marseille erlebt und ich freue mich, dass es das angenehme Chaos noch gibt.
Im Vieux Port


International erlebe ich die Stadt momentan vor allem durch das Hostel, aber auch durch das Coachsurfertreffen neulich abend. Wir trafen Menschen, auf der Durchreise, die hier leben, darüber werde ich mich im nächsten Blog auslassen.

Gute Nacht

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